© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/01 16. März 2001

 
Diktatorisch
von Carl Gustaf Ströhm

Wenn es eines Beweises dafür bedurft hätte, daß die Lage in Bosnien alles andere als normal ist und daß die Präsenz der internationalen Gemeinschaft im Land mehr Probleme verursacht, als sie löst – der jüngste Streich des "hohen Repräsentanten" der EU in Sarajevo hat ihn geliefert. Der "hohe" SPÖ-Politiker Wolfgang Petritsch hat den Chef der stärksten Partei der kroatischen Volksgruppe, Ante Jelavic, nicht nur als Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums entlassen, sondern ihm zugleich ein Verbot jeglicher politischen Tätigkeiten auferlegt – eine Maßnahme, wie sie totalitäre Regime praktizieren.

Grund dafür war die von Jelavic und seiner Partei – der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ) – veranstaltete Volksversammlung in Mostar, auf der die gewählten Vertreter der kroatischen Volksgruppe die Errichtung einer Selbstverwaltung beschlossen, welche die Rechte der Kroaten gegenüber Moslems und Serben wahren soll. Ob es einem paßt oder nicht – Jelavic ist ein frei gewählter Abgeordneter. Seine Partei genießt das Vertrauen und die Unterstützung von achtzig Prozent der in Bosnien lebenden Kroaten. Ihn abzusetzen und an seine Stelle nicht-gewählte und von der Bevölkerung abgelehnte "Pseudo-Kroaten" (oft mit KP-Vergangenheit) einzusetzen, stellt einen Willkürakt und eine Mißachtung demokratischer Normen dar.

Will sich ausgerechnet die EU ein antidemokratisches Denkmal in Bosnien setzen? Wer stoppt den "Großwesir" Petritsch, bevor er im Namen der Demokratie noch größeres diktatorisches Unheil anrichtet?


 
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