© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    12/01 16. März 2001

 
Bücherklau
Neues von Joseph F.
Werner Olles

Die Stuttgarter Nachrichten berichteten über die pikante Angelegenheit am 1. März. Der weit über die Grenzen Stuttgarts hinaus bekannte Buchhändler Wendelin Niedlich wirft dem früheren Straßenkämpfer und heutigen Außenminister Joseph Fischer vor, Anfang der siebziger Jahre in seiner Buchhandlung in der Schmalen Straße mehrmals größere Mengen wertvoller Bücher gestohlen zu haben. Diese habe Fischer dann vor der Mensa der Frankfurter Johann Wolfgang von Goethe-Universität auf als "Antiquariat" deklarierten Büchertischen angeboten und verkauft.

Daß Fischer eine Zeit lang seinen Lebensunterhalt aus dem Verkauf geklauter Bücher bestritten hat, ist für Kenner seiner Biographie nicht neu. Niedlich dagegen betont, daß er von den Diebstählen erst seit etwa einem Jahr wisse. Mit der aktuellen Debatte um Fischer hätte "die Sache nichts zu tun". Es störe ihn auch keineswegs, daß er nun eventuell "mit den falschen Leuten in einem Boot sitzt". Es gehe ihm einzig und allein "um die Moral". Der Mann, der Niedlich auf Fischers kriminelles Treiben aufmerksam gemacht hatte, will von den tagesaktuellen Bezügen ebenfalls nichts wissen. Die Frage sei gewesen, ob er dem Niedlich oder dem Fischer schade: "Da habe ich mich für den Fischer entschieden."

Dieser Informant, ein ehemaliger Kampfgenosse und persönlicher Freund Fischers, will zwar anonym bleiben, legte aber einige erstaunliche und interessante Interna aus Fischers Vergangenheit offen: "Der Joschka hat geklaut. Wenn es darum ging, die Bücher selbst zu lesen, haben wir das gutgeheißen. Aber wir haben mehrfach und heftig darüber diskutiert, ob es gerade beim linken Niedlich sein muß. Doch der Joschka sah das ganz locker." Schließlich habe Fischer gemeinsam mit ein paar Kumpanen begonnen, große Mengen wertvoller Bücher "für den Lebensunterhalt" zu klauen. Als diese neuen Diebestouren zur Routine wurden und von Frankfurt aus "ein regelrechter Raubzug durch Süddeutschland" veranstaltet wurde, habe er sich endgültig von Fischer distanziert. Gleichwohl hätte sein jetztiges Bekenntnis nichts mit einer "offenen Rechnung mit Fischer" oder gar "Rache" zu tun.

Wendelin Niedlich, der integre Linke aus Überzeugung, mag Fischer indessen nicht verzeihen: "Ich war mit meiner Buchhandlung verheiratet, und dann fällt mir dieser Herr in den Rücken." Seine Buchhandlung hat er inzwischen aus Altersgründen aufgegeben, aber sein Zorn auf Joseph Fischer ist noch längst nicht verraucht: "Dieser Herr war ein ziemlich gemeiner Dieb!"


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen