© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/01 23. März 2001

 
Adolf Lambke
Bäuerlicher Ungehorsam
von Björn Rusinowski

Seit Wochen läutet bei Bauer "Adi" Lambke ununterbrochen das Telefon. Nicht nur weil über seinen Apparat die Anfragen an die "Interessengemeinschaft gegen die Nachbaugesetze und Nachbaugebühren" und die "Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft" laufen, sondern vor allem weil sich zur Zeit seine "Bäuerliche Notgemeinschaft im Wendland" für den "Marsch auf Gorleben" vorbereitet.

Ende März erwartet die Region erneut sechs Castorbehälter aus dem französischen La Hague, bestimmt für den umstrittenen niedersächsischen Salzstock. Als Ansprechpartner der Notgemeinschaft ist Lambke natürlich ein Dorn im Auge der Atomkraftlobby, und das schon seit den Anfängen der Atomprotestbewegung. Er war dabei, als 1979 wendländische Bauern erste Probebohrungen für das Endlager Gorleben mit dem Ausbringen heimischer Gülle verhinderten. Mit dem Vorwurf der "Körperverletzung" und "Sachbeschädigung" wegen eines bespritzten Polizisten begannen auch seine gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Staat und Atomindustrie. Damals noch mit anwaltlicher Unterstützung des heutigen Bundeskanzlers Schröder. Auch den amtierenden Umweltminister Trittin konnte er früher "Weggefährte" nennen. Heute haben sie in seinen Augen "das Wendland zur Verseuchung freigegeben".

Den 1930 im niedersächsischen Jameln geborenen Lambke trieb es politisch zunächst zur FDP, wo er allerdings sein liberales Verständnis nicht wiederfand. So kam er über die Unabhängige Wählergemeinschaft zu den Grünen, die er dann zwei Wahlperioden im Kreistag vertrat. Doch der Partei hat er, wie fast alle aktiven Mitglieder des Kreisverbandes Lüchow-Dannenberg, den Rücken gekehrt. Der sogenannte "Atomkonsens" wurde zum Atomkollaps für die grüne Basis. Als typischer Vertreter dieser Basis steht er mit seinem Engagement stellvertretend für die vielen Atomgegner auf der Straße, auf den Schienen, in den Camps – nicht aber für die in den Parlamenten. Es war ihm immer wichtig, seinen "eigenen Weg" zu beschreiten, dabei jedoch nicht die Interessen der Allgemeinheit zu vergessen.

Für alle deutlich wurde das im Mai 1996, als sich der Landwirt "vor die Blockade gestellt" hat, "wie sich das gehört" und auf brutale Art und Weise aus seinem Traktor entfernt wurde. Auf eine Entschuldigung wartet er bis heute vergebens. Den medialen Beobachtern allerdings schärfte der Vorfall die Sinne für das weit über das Wendland hinaus reichende Problem.

Und schon hat der organisatorische Wettlauf um das Ge- oder Mißlingen des Transportes wieder begonnen. Eines ist so klar wie die einkalkulierten Kosten dieser Aktion, Landwirt Lambke ist wieder mit dabei. Denn er sprich in dieser Frage vielen Atomkraftgegnern aus der Seele: "Sollen die mich und meinen Trecker zerschlagen, aber daß ich mich nicht gegen die nächsten Castortransporte wehre, kommt nicht in Frage."


 
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