© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/01 23. März 2001

 
Panaschierte Ergebnisse
Kommunalwahlen: In Hessen durch neue Wahlgesetze komplizierte Vorgänge
Werner Olles

Alle bislang vorliegenden Ergebnisse der hessischen Kommunalwahlen sind vorläufige, da bis Redaktionsschluß nur die Stimmen der Listenwähler ausgezählt waren. Die Stimmen derjenigen Wähler, die kumuliert und panaschiert haben (rund 35 Prozent) und die Stimmen der Briefwähler fließen somit erst in das Ende dieser Woche erwartete amtliche Endergebnis ein.

Einen relativ eindeutigen Trend kann man allerdings jetzt schon sehen: die CDU hat mit 6 Prozent gegenüber den Kommunalwahlen 1997 kräftig zugelegt und steht nun bei etwa 40 Prozent. Dies würde bedeuten, daß die Wähler sich offenbar von dem gebetsmühlenartig wiederholten "Schwarzgeld"-Vorwurf des rot-grünen Lagers an die Union inzwischen zu distanzieren beginnen. Dazu paßt auch, daß die SPD selbst insgesamt nur einen sehr geringen Zuwachs zu verzeichnen hat, in Frankfurt am Main beispielsweise von 29, 2 Prozent auf gerade einmal 31. Sehr deutlich ist auch der Abwärtstrend für die Grünen ausgefallen, die hessenweit von 11 auf 8,7 Prozent abrutschten. Gleiches gilt für die Republikaner, die von landesweit 6,6 auf 2,5 Prozent fielen und auch in Frankfurt mit drei Prozent und in Hanau mit sieben Prozent eine Halbierung ihrer letzten Ergebnisse erzielten. Ähnliche Einbrüche gab es auch bei den Freien Wählern.

Stärkste Kraft in der Landeshauptstadt Wiesbaden wurde die CDU, wo auch die FDP auf 11,6 Prozent zulegte. Auch in Darmstadt legte die Union fünf Prozentpunkte zu, während die Grünen sieben Prozent verloren, für die Fortsetzung der rot-grünen Koalition dürfte es dennoch reichen. Eine große überraschung gab es dagegen bei den Oberbürgermeister-Direktwahlen in Frankfurt. Hier war die Amtsinhaberin Petra Roth (CDU) von den Demoskopen seit Wochen mit gut 60 Prozent gehandelt worden, ihr wichtigster Herausforderer Achim Vandreike (SPD) wurde dagegen auf höchstens 28 Prozent geschätzt. Nach dem vorläufigen Endergebnis erreichte Roth jedoch nur 48,6 Prozent und verfehlte damit um rund 3.000 Stimmen die absolute Mehrheit. Sie muß nun in zwei Wochen am 1. April zur Stichwahl gegen Vandreike antreten, der es immerhin auf 34,6 Prozent der Stimmen brachte. Auf Jutta Ebeling von den Grünen entfielen 10,3 Prozent, die Oberbürgermeisterkandidaten der Republikaner und der FDP, Klaus Sauer und Hans-Joachim Otto, lagen mit jeweils 1,8 Prozent der Stimmen gleichauf, während der PDS-Kandidat Eberhard Dähne auf 1,5 Prozent kam. Auch in Frankfurt kann die Union mit einem Zuwachs von rund 5 Prozent nun mit etwa 41 Prozent rechnen, die SPD konnte sich um zwei Punkte auf 31 Prozent verbessern, die Grünen sanken von 17 auf 13 Prozent, die FDP kam auf etwa 4 Prozent, die Republikaner auf 3 Prozent, die "FlughafenAusbauGegner" (FAG) erreichten aus dem Stand 3,3 Prozent, die PDS 1,7 und die Freien Wähler "Bürgerbündnis für Frankfurt" nach dem vorläufigen Endergebnis 0,8 Prozent. Besonders letztere hatten unter einer massiven Wahlbehinderung durch linksextremistische Autonome zu leiden, die immer wieder die Plakatständer des konservativ-ökologisch orientierten BFF beschädigten oder ganz zerstörten.

Mit rund 46 Prozent gegenüber 60,5 Prozent 1997 war die Wahlbeteiligung in Frankfurt die schlechteste seit 1945, was Petra Roth wohl ihren prognostizierten klaren Sieg gekostet haben dürfte. Hessenweit fiel sie um 12 Prozent von 66 Prozent bei den letzten Kommunalwahlen auf nunmehr noch 54 Prozent. Diese "erschreckend niedrige Wahlbeteiligung" (Roth) und auch der hohe Anteil ungültiger Stimmen sollte den Parteien wohl einige Überlegungen wert sein, wie ihre bürgerferne Politik auf den vielzitierten "Mann auf der Straße" wirkt. Es ist aber zu befürchten, daß dies zumindest den Großparteien inzwischen ziemlich egal ist.


 
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