© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/01 23. März 2001

 
Abgesang
Jutta Ditfurth weint den Grünen keine Träne nach
Thorsten Thaler

Wir befinden uns im Jahre 1988. Die Grünen sind von Realos besetzt … Die ganze Partei? Nein! Ein von unbeugsamen Fundis bevölkerter Bundesvorstand hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die Realos, die als Besatzung in den befestigten Landesverbänden Hessen, Baden-Württemberg, Bayern liegen …

Wenn Jutta Ditfurth heute über die 1980 von ihr mitgegründeten Grünen schreibt, geht es zu wie in dem uns wohlbekannten gallischen Dorf. Unerschrocken und immer mit einem Spruch auf den Lippen trotzt sie ihren Feinden, von denen sie sich umzingelt sieht. Dabei ergeht es ihr wie den tapferen Galliern: Mit jeder Neuauflage verliert die Geschichte an Witz und Geist.

Bei Jutta Ditfurth mag das vor allem an jenem Trauma liegen, das sie 1987/88 erlitten hat und das bis heute nachwirkt. Nachdem sie im Mai 1987 erneut zur Sprecherin der Grünen gewählt worden war (gleichberechtigt neben Christian Schmidt und Regina Michalik), erklärten die Realos in der Bundestagsfraktion um Joseph Fischer "der Parteimehrheit den Krieg", wie Jutta Ditfurth in ihrem Buch "Das waren die Grünen" schreibt. In immer kürzeren Abständen attackierten die Realos den Bundesvorstand und drohten mit Spaltung, erinnert sich die Autorin. Die Zermürbungstaktik und eine angebliche Finanzintrige hatten Erfolg. Auf der Bundesversammlung Anfang Dezember 1988 sprach eine Mehrheit der Delegierten dem Vorstand das Mißtrauen aus. "Wir traten sofort zurück. Die Realos brachen in schenkelklatschendes Jubelgebrüll aus", schreibt Jutta Ditfurth verbittert. Und: "Bei den Grünen gab es keine linken Mehrheiten mehr." 1991 trat sie aus der Partei aus und gründete die dogmatische "Ökologische Linke".

Zehn Jahre später haben die Ereignisse von damals sie noch immer fest im Griff. Wutschnaubend rechnet sie mit den Grünen ab. "Ihr Symbol war die Sonnenblume. Heute ist sie verfault und dabei so vergiftet, daß sie nicht einmal mehr als Kompost zu gebrauchen ist", gibt Jutta Ditfurth gleich in ihrem Vorwort die Richtung vor. Was folgt, ist eine akribische Abrechnung (851 Anmerkungen!), die mit bissigen Urteilen über ihre ehemaligen Parteifreunde nicht spart – allen voran über Joseph Fischer und Daniel Cohn-Bendit. Die politischen Ansichten Jutta Ditfurths und ihre Rechthaberei mögen einem schwer auf die Nerven gehen – in vielen Punkten trifft sie mit ihrer Kritik an den Grünen den Nagel auf den Kopf.

 

Jutta Ditfurth: Das waren die Grünen. Abschied von einer Hoffnung. Econ Taschenbuch Verlag, München 2000, 388 Seiten, 16,90 Mark


 
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