© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    13/01 23. März 2001

 
Leitfaden
Rechtsextremismus im Internet
Ronald Gläser

Seit Mitte der neunziger Jahre kommt kaum ein Fernsehbeitrag über das elektronische Weltnetz ohne den obligatorischen Hinweis auf Neonazis aus, die sich dort angeblich unbehelligt tummelten. Also dachten sich Rainer Fromm und Barbara Kernbach, es sei an der Zeit, ein Buch darüber zu schreiben ("Rechtsextremismus im Internet – die neue Gefahr"). Ein Buch, das "Einblick in die bedrohliche Flut des rechtsextremen Internetangebotes" liefern soll. Ein Buch, das "Erkenntnisse für einen verantwortungsbewußten Umgang mit der Informationsfreiheit" liefern soll. Gemeint ist wohl eher Zensur und Denunziantentum.

Denn schon die Kommunikation auf den durch die Autoren als "rechtextrem" ausgemachten Internetseiten wird als "alarmierend" bezeichnet. Dabei zitieren sie gerne aus den Berichten von Verfassungsschutz- und Kriminalämtern. Ganze Referate beschäftigen sich akribisch mit der Strafverfolgung von Internet-Nutzern. Die deutsche Justiz verfolgt mittlerweile sogar die Betreiber ausländischer Seiten auf ausländischen Servern, sofern sich das Angebot auch an Deutsche richten könnte. Am deutschen Wesen soll wieder einmal die Welt genesen.

Trotzdem bedauern die Autoren, daß die meisten "Rechtsextremisten" ihre Seiten längst ins Ausland verlagert hätten, weil sie dort anonym bleiben könnten. Nach Amerika beispielsweise, wo Meinungsfreiheit nicht nur eine Worthülse ist. Die Autoren beklagen, daß man "meilenweit von einem globalen Wertekonsens entfernt" sei. Gemeint sind weltweit einheitliche Gleichschaltungen und Strafen. Weitere Gegenstrategien werden unterbreitet: vom Einsatz von Filterprogammen über die Ausübung staatlichen Drucks auf die Internetprovider bis hin zur gezielten Aufklärung. Das alles liest sich nicht sehr überzeugend und gehört etwas zu penetrant in die Kategorie "Kampf gegen Rechts", der immer hysterischere Züge annimmt.

Im übrigen sind die 300 Seiten eine Art Leitfaden für "Rechtsextremisten", die nach Seiten suchen, die sie noch nicht aufgesucht haben. Die meisten Seiten sind aber alte Hüte. Auch an den Internetauftritten von Horst Mahler, David Irving oder Frank Rennicke ist nichts wirklich spektakulär neues, das durch das Buch zutage gefördert würde. Über die JUNGE FREIHEIT und ihre Internetpräsenz werden die altbekannten Klischees mit einigen LfV-Zitaten verbreitet. Über die Internetseite erfährt der Leser aufregende Neuigkeiten wie die Tatsache, daß man dort ein Test-Abo und Bücher bestellen könnte.

Weil das Internet staatlichen Zensurmaßnahmen den Boden entzieht, wirken die Autoren ausgesprochen hilflos. Ihr Buch dokumentiert angesichts der vielen Möglichkeiten, die die neuen Medien in der politischen Auseinandersetzung bieten, lediglich ihre Hilflosigkeit, weil die PC im Internet an ihre Grenzen gestoßen ist.

 

Rainer Fromm/Barbara Kernbach: Rechtsextremismus im Internet – die neue Gefahr. 288 Seiten, 29 Mark


 
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