© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/01 30. März 2001

 
Politisches Monopol
Der aussichtslose Weg der parlamentarischen Rechten in Deutschland
Dieter Stein

Der CDU-Generalsekretär Laurenz Meyer sieht es als Erfolg aller "demokratischen Parteien" an, daß es gelungen sei, den Wiedereinzug der Republikaner in den baden-württembergischen Landtag zu verhindern. Mit diesem Scheitern könnte der Niedergang der 1983 von abtrünnigen CSU-Bundestagsabgeordneten aus Protest gegen den von Franz Josef Strauß eingefädelten Milliardenkredit Westdeutschlands an die DDR gegründeten Republikaner besiegelt sein.

Ob und wie sich die kleine rechtskonservative Partei, die seit Jahren zu Recht gegen das Stigma "rechtsextrem" ankämpft, sich vom Schock wieder erholt, ist derzeitig fraglich. Noch bevor aber das Ende dieses Parteiprojektes feststeht und die Ursachen für das Scheitern analysiert ist, wird bereits an vielen Varianten neuer Rechtsparteien gestrickt. Ich halte sie für noch aussichtsloser als die Möglichkeit, daß die Republikaner sich trotz ramponiertem Image regenerieren. Sie tragen den bekanntesten Markennamen und haben Prüfungen hinter sich, die jeder Neugründung erst bevorstehen.

Die bloße Ankündigung der Gründung einer "neuen bürgerlichen Kraft" löst in einem politischen Segment Fieberstimmung aus wie bis vor kurzem bei der Neuemission eines Titels an der Technologiebörse Nasdaq. Das heißt: Es gibt eine politische Marktlücke. Eine bunt gemischte Szene aus wohlmeinenden Idealisten sowie trainierten Hobbyparteiaktivisten (mit mindestens acht bis neun Parteibüchern in der Tasche) entert das junge Projekt in einer Goldrauschstimmung wie einst in Klondike. Karten werden entrollt und mit Fähnchen gegründete Orts-, Kreis- und Landesverbände abgesteckt. Und die Titel: Landesvorsitzender, -beauftragter, kooptiert im Vorstand, Mitglied des Präsidiums ... Visitenkarten werden gedruckt, frisch duftendes Briefpapier liegt bereit, der Einzug in die Parlamente scheint zum Greifen nahe. Doch dann: Streit um die Kasse, Veruntreuung, es fliegen ehemalige Mitglieder anrüchiger Parteien auf, die Vorstrafenregister einiger Funktionäre werden von der örtlichen Presse gelüftet. Der Absturz ins Nichts folgt.

Es hat seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 weit über 100 Gründungen von Parteien im konservativen Spektrum gegeben. Alle sind untergegangen. Anfangs saßen noch "Deutsche Reichspartei", "Deutsche Partei", "Bayernpartei", "Zentrum" und "Deutsche Konservative Partei" in Nachkriegsparlamenten, später der "Bund Heimatvertriebener und Entrechteter" (BHE) und die "Gesamtdeutsche Volkspartei" (GVP) – alle wurden sie aufgesogen, flach gemacht von der Adenauer-CDU. Es war ein Geniestreich der Union, das politische Monopol von der Mitte bis Rechts für sich zu beanspruchen, und sie hat es durchgesetzt. Das eherne Gesetz formulierte der einstige CSU-Chef Franz Josef Strauß: Es darf keine demokratische Partei rechts neben der Union geben.

In den siebziger Jahren hat es weitere Versuche gegeben, sie nannten sich "Nationalliberale Aktion", "Bund Freies Deutschland", "Deutsche Soziale Union", "Bürgerpartei" ... ob nationalkonservativ oder nationalliberal: Es ist stets gelungen, diese parteipolitischen Ansätze einer Alternative rechts der Union zu verhindern, die Akteure einzubinden oder in der Bedeutungslosigkeit verschwinden zu lassen. Die Gründe, die stets gegen einen Erfolg solcher Parteiprojekte sprechen:

??Es gibt kein Interesse bei den großen, meinungsbildenden Medien, einen rechtskonservativen Politikansatz positiv zu begleiten. Deshalb ist mit Totschweigen oder mit Unfairneß zu rechnen.

??Es gibt keine Eliten, die sich an solch einem Projekt beteiligen. Nichtlinke Parteipolitik ohne Unions-Parteibuch ist ein Himmelfahrtskommando für jeden leitenden Beamten, Universitätsprofessor, Journalisten, also jeden, der im Rampenlicht steht. Kurz: Einem Professor wird RAF-Sympathisantentum gnädig verziehen, eine REP-Mitgliedschaft nicht.

??Es gibt keine Infrastruktur, keine Institute, kein soziales Netzwerk von Initiativen und Einzelpersonen, die ein solches Projekt politisch-kulturell-publizistisch begleiten. Parteipolitische Projekte jenseits der Union grenzen so an Undercover-Operationen. Ob Bund Freier Bürger, ob Republikaner, ob Schill-Partei, ihnen schlägt in der Stunde erster Erfolge die volle Feindschaft des Establishments mit einer Wucht entgegen, die beim Normalbürger Entsetzen auslöst. In einer Kombination aus medialer Schweigespirale, gewalttätigen Antifa-Aktionen, Anfangsverdachtsäußerungen der Verfassungsschutzämter schlägt eine Keule zu, die das soziale Umfeld der Akteure lähmt, den Ruf ruiniert und Spaltungs- und Selbstauflösungstendenzen befördert. Bisher stets mit Erfolg.

Hinzu kommt der Todestrieb einer in deprimierendem Zustand dahinsiechenden rechtskonservativen Szene:

- Gegen Kritik immunisierte Partei-Chefs sowie Wortführer immer neuer Sammlungsbewegungen, die hybride ihrem Geltungstrieb alles unterordnen.

- Mangel an demokratischer Streitkultur, verlogener Umgang mit inneren Widersprüchen und Streit um Personen statt um Ideen und Ziele.

- Unprofessionalität, Organisationsfeindlichkeit und Unverständnis für Öffentlichkeitsarbeit, Werbung und neue Medien sorgen für Handlungsunfähigkeit.

Es sieht somit schwarz aus für entsprechende Projekte in Deutschland. Der Union darf es recht sein.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen