© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    14/01 30. März 2001

 
CD: Austro-Pop
Geheimtips
Holger Stürenburg

Wolfgang Ambros fabrizierte sein Leben lang Blues, Rock, Pop und Traditionelles mit witziger, oft sentimentaler Lyrik aus den tiefsten, düstersten Ecken Wiens. Doch neben bekannten Gassenhauern wie "Schifoan", "Allan wia a Stan", "Langsam wachs‘ mehr zsamm" oder "Die Blume aus dem Gemeindebau" hatte Ambros immer wieder Lieder aufgenommen, die von der breiten Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurden. Viele dieser Geheimtips liegen nun bei Universal Music auf "Raritäten" (größtenteils erstmals auf CD!) gesammelt vor, so der "Kagran-Blues", Ambros‘ zweite Single nach dem legendären "Da Hof". Selbiger ist auf "Raritäten" erstmals als englische Version "Jones from No. 3" vorhanden. Es gibt eine Hommage an die Spider Murphy Gang ("Skandal im Sperrbezirk") und eine an Udo Lindenberg ("Ich lieb‘ Dich überhaupt nicht mehr"), neben einigen Konzertfassungen bekannter Ambros-Klassiker ("Denk ned noch", "Mir geht es wie dem Jesus"). Witzig ist die Zusammenarbeit mit Kabarettist Josie Prokopetz in "Unmoralisch", deprimierend die mit Andre Heller ("Kumm ma mit kane Ausreden mehr"); avantgardistisch gestalten sich die Duette mit E-Musik-Freak Friedrich Gulda ("Du und i", "I kumm net weg von Dir"). Traditionelle Fiakerlieder wie "Mein Naserl ist so rot, weil ich so blau bin" oder "Prost, Prost, Prost" gibt es auf "Raritäten" genauso wie lange verschollene Single-B-Seiten ("A junger Mensch von heute", 1989) oder ("Nimmer vü Zeit", 1983).

Ambros interpretiert gekonnt die "Time Warp" aus der "Rocky Horror Picture Show", reanimiert mit dem poppigen "Error, Error" den Soundtrack zur ARD-Fernsehproduktion "Die glückliche Familie" aus dem Jahre 1991. Aus Ambros‘ einzigem TV-Film "Der Bessere gewinnt" stammt das gleichnamige Titellied, das englisch gesungene "Roly Poly" ist ein Glam-Rock-Kracher aus den mittleren Siebzigern. Auf "Raritäten" zeigt der "Austro-Dylan", daß er nicht nur Ohrwürmer fabrizieren kann, sondern auch Avantgardistisches und Experimentelles!

Anders als bei Ambros steht bei den Liedern Georg Danzers meist mehr der Text im Vordergrund. Musikalisch experimentiert er bis heute zwischen konventionellem Pop, gitarrenlastigem Rock, Schlageranklängen und schmierig-schaurigen Chansons. Ebenfalls unter dem Titel "Raritäten" stellte Universal nun 20 Danzer-Songs zusammen, die die gesamte Bandbreite seines künstlerischen Schaffens präsentieren; von Danzers Debütwerken "Vera" und "Wenn Du sagst, ist es aus" über die ölige Fassung des Brüne/Balz-Klassikers "Kann denn Liebe Sünde sein" (1976) bis zu seinen Experimenten mit Rap und Funk ("Es ist so schön, ein Schwein zu sein, 1981) bzw. New Jazz und Swing ("Ihr seid alle so normal, 1985). Neueren Datums ist das parodistische "Ich ... bin der Mörder (Hahahahaha)" (1994) wie auch die Zusammenarbeit mit Wolfgang Ambros "Shake Hands, be Friends" aus dem Jahr 1996. 1979 nahm Georg Danzer für sein Album "Notausgang" den Gitarrenpopper "Komm zurück zu mir" auf. Bald darauf erschien die englische Version "Please come back to me", auf der Danzer in den besten Momenten klingt, als wäre Dire Straits-Frontmann Mark Knopfler a echter Weaner. Erstmals veröffentlicht sind hier auch eine akustisch eingespielte Fassung des Danzer-Klassikers "Jö schau" (1993) und das Protestlied "Say it in English" (1996). Amüsierend ist der "Nackte Mann auf der Reeperbahn", abgeklärt die Single-B-Seite "Mir is egal", comedyhaft "Grüß Gott, Frau Kompott" bzw. "Der Karli soll leben", traditionell wienerisch "Heut‘ bin i wieder fett wie ein Radierer", eine Kooperation mit Wolfgang Ambros und Christian Kolonovits; erschienen 1972 als Single unter dem Namen Die Jollys. So finden sich auf dieser CD 20 hochinteressante, aber leider niemals so richtig bekannt gewordene Perlen aus Danzers Liederfundus.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen