© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    17/01 20. April 2001


Lizenz zum Verschwenden
von Jörg Fischer

Den 3,5 Millionen Mitgliedern der Betriebskrankenkassen (BKK) drohen höhere Beiträge: Durchschnittlich jeweils 300 Mark mehr pro Jahr müssen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ab Januar 2002 bezahlen! Gesundheitsministerin Ulla Schmidt will durch einen Mindestbeitragssatz von 12,5 Prozent den Mitgliederschwund bei AOK & Co. stoppen. "Damit wird der Wettbewerb verhindert", kritisierte zu Recht Friedrich Breyer vom Berliner DIW. "Die preiswerten Kassen werden nach einer Erhöhung eher versuchen, das zusätzliche Geld zu verschwenden, als es in einen gemeinsamen Topf abzuführen." Doch es kommt noch schlimmer: Die SPD-Politikerin will den Kassenwechsel am 30. September verbieten – keine Chance mehr, den bis zu 15 Prozent teuren Kassen zu entfliehen. "Durch Wechsel der Krankenkasse wird niemand gesünder, die Versorgung der Kranken wird um keinen Pfennig billiger", sekundierte die Ver.di-Gewerkschaft. Die künftigen Mehreinnahmen sollen in den Risikostrukturausgleich für chronisch Kranke fließen.

Das klingt gut und ist doch zu kurz gedacht: Die BKK haben keine aufwendigen Verwaltungsapparate und postmoderne Verwaltungsgebäude wie etwa die Barmer Ersatzkasse in Wuppertal. Wettbewerbsbeschränkungen schützen nur unwirtschaftliche Anbieter und steigern die Lohnnebenkosten. Am Grundproblem ändert sich nichts: Die Menschen werden aufgrund des medizinischen Fortschritts immer älter – aber wegen des höheren Alters auch kränker. Beitragssteigerungen sind langfristig unvermeidlich – aber eine "Strafaktion" gegen sparsame Kassen sollte von der Union im Bundesrat verhindert werden.


 
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