© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    18/01 27. April 2001

 
Zeit zur Muße
Medien: Die Freiburger "Zeitung zum Sonntag" wurde eingestellt
Tobias Wimbauer

Ambitioniert war die Truppe um den Freiburger Michael Zäh schon. Vor drei Jahren hob er die Zeitung zum Sonntag (zus) aus der Taufe; eine Sonntagszeitung, die kostenlos an alle Haushalte der Stadt verteilt wurde. Für eine Gratiszeitung war das Niveau nicht übel, politisch freilich wurde das übliche geboten: politisch meist korrekter Linksliberalismus. Der Freiburger Monopolist, die Badische Zeitung, konterte alsbald mit dem Sonntag in Freiburg, so daß in der Breisgauhauptstadt sonntäglich gleich zwei Lokalblätter den Frühstückstisch zierten.

Im Januar wurde aus der zus eine Tageszeitung. Erklärtes Ziel war es, die Monopolstellung der Badischen zu brechen und somit auch publizistische Meinungsvielfalt in Südbaden Einzug halten zu lassen. Abonnenten wurden mit einer "Yellow-Card" geködert, mit der es neben dem Abo Vergünstigungen bei manchen Restaurants und bei kulturellen Veranstaltungen gab, überdies gab es etliche Kästen Bier. Knapp 6.000 Abonnenten (zum Vergleich: Freiburg hat über 200.000 Einwohner) und etliche Neugierige erwarben die erste Nummer im Januar. Die neue Zeitung kam fast zu großzügig bebildert daher, inhaltlich meist recht enttäuschend. Innovativ immerhin war ein Personenregister zu jeder Ausgabe. Nach den ersten Nummern flaute das Interesse spürbar ab. Kioskbesitzer klagten über den schlechten Verkauf, ein rasches Ende des Projektes war zu erwarten.

Nun also das Aus. Verkündet wurde die "traurige Nachricht" (zus) der Einstellung des täglichen Erscheinens in der Sonntagsausgabe vom 15. April. Aufmacher dieser Ausgabe war übrigens "Das Recht auf Muße. Wer nicht arbeitet, kann sehr schöne und auch nützliche Dinge tun". Michael Zäh zumindest hat nun tatsächlich – wenn auch unfreiwillig – mehr Zeit zur Muße. Bleibt zu hoffen, daß Südbaden trotzdem durch eine andere zweite gute Tageszeitung bereichert werden kann.


 
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