© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/01 11. Mai 2001

 
Wer schön spart, sündigt weniger
Viele Zeitungen und Zeitschriften verlieren an Auflage und müssen Einsparungen vornehmen
Thorsten Thaler

Die Krise der "New Economy" beginnt, mit voller Wucht auf die deutschen Druckmedien durchzuschlagen. Die diversen Online-Aktivitäten fast aller Zeitungsverlage haben sich zu riesigen Verlustgeschäften entwickelt. Hinzu kommen rapide sinkende Einnahmen aus der Werbewirtschaft, die beispielsweise den Stern im letzten Quartal bereits ein volles Fünftel seiner Werbeaufträge gekostet haben.

Auch die Auflagen vor allem der Tagespresse und der Programmzeitschriften gehen zurück oder stagnieren. Dramatische Verluste mußten die vielen im Zeichen des Booms gegründeten Computer- und Internet-Service-Blättchen hinnehmen sowie jene Produkte, die sich dem vermeintlichen Trend allzu willlig geöffnet hatten und nun Stammpublikum verlieren, ohne dafür neue Leser zu gewinnen.

Letzteres trifft vor allem auf die Welt am Sonntag aus dem Springer-Verlag zu, die bereits die gesamte von ihrem vorigen kurzzeitigen Chefredakteur Kai Diekmann erzielte Auflagensteigerung wieder verspielt hat. Nun soll sie faktisch zu einer Sonntagsausgabe der Berliner Welt gemacht werden. Nächsten Monat wird die Redaktion der WamS von Hamburg nach Berlin, an den Verlagsort der Welt umziehen. Reise- und Autoteil sowie die verschiedenen Lokalteile werden dann mit denen der Welt zusammengelegt, die ihrerseits schon eng mit der ebenfalls bei Springer erscheinenden Berliner Morgenpost kooperiert.

Das Ganze heißt "Synergieeffekte bündeln", läuft jedoch auf reines Geld- und Planstellen-Einsparen hinaus. Auch in der Frankfurter Allgemeinen, die für den Herbst die Herausgabe einer als Konkurrenz zur WamS gedachten Allgemeinen Sonntagszeitung plant, wird schon über solche Synergieffekte nachgedacht. Auch die Allgemeine Sonntagszeitung soll nach diesen neuesten Überlegungen keine selbständige Zeitung, sondern eine Sonntagsausgabe der FAZ mit weitgehend identischem Redaktionsstab werden. Wie sich der neue Sparkurs auf die Qualität der Produkte auswirken wird, bleibt abzuwarten. In jedem Fall gilt: Wer schön spart, sündigt weniger.


 
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