© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    20/01 11. Mai 2001

 
Leserbriefe

Zu: "Kinder als Armutsrisiko" von Ekkehard Schultz, JF 19/01

Rentner vor Kindern

Sie gehen sehr ausführlich auf den Armutsbericht der Bundesregierung ein. Was mir aber dennoch gefehlt hat, ist der Unterschied, der selbst zwischen Sozialhilfeempfängern gemacht wird.

Als Zivildienstleistender habe ich sowohl Altenpflegeheime als auch Kinderheime kennengelernt und muß sagen, daß es mich erschreckt hat, wie wir mit unseren Kindern umgehen.

Während im Altenheim (wohlbemerkt: die meisten Patienten dort waren Pflegestufe 1–2 und zahlten die Kosten nicht selber, sondern wurden durch das Sozialamt unterstützt) die alten Menschen zum Mittagessen zwischen mehreren Gerichten wählen konnten, die alle sehr schmackhaft angerichtet waren, bekamen die Kinder im Kinderheim gerade mal den Inhalt einer Dose Spaghetti vorgesetzt. Man hatte sich nicht mal die Mühe gemacht, richtige Spaghetti zu kochen.

Sind wir schon so weit gesunken, daß der Gleicheitsgrundsatz zu Lasten der Kinder außer Kraft gesetzt wird. Haben Rentner mehr Rechte und mehr Annehmlichkeiten zu erwarten als Kinder, nur weil Renter potentielle Wähler sind? Es ist wirklich traurig, wie wir mit unseren Kindern umgehen, die schließlich irgendwann mal auch unsere Rente zahlen werden.

Marco Vogt, Nürnberg

 

 

Zu: "Feigheit und Unterwerfung" von Dieter Stein, JF 18/01

Vergebliche Etablierung

Bei der Lektüre Ihrer Zeitung gewinne ich zunehmend den Eindruck , daß die JF Probleme mit ihrer politischen Standortbestimmung hat.

Die Feststellung, daß speziell im sogenannten konservativ-bürgerlichen Lager die größten Opportunisten bzw. Feiglinge zu Hause sind, sollte Sie zwangsläufig zu einem Richtungswechsel bewegen. Mit Vertretern des Establishments liebäugelnd, ist sie einmal bemüht um gesellschafts-politische Anerkennung – andererseits läßt sie im Rahmen ihrer Berichterstattung und Themenwahl keinen Zweifel an ihrer nonkonformistischen Ausrichtung. CDU/JU- Funktionäre zum Interview zu laden und sich permanent jammernd über deren anschließende mangelnde Solidarität zur JF zu beklagen, zeigt einmal mehr den vergeblichen Versuch Ihrer Zeitung, mittels etablierter Politiker eine Form von Rehabilitierung zu erlangen.

Es ist an der Zeit, sich endgültig damit abzufinden, in dieser Richtung keine Verbündeten bzw. Mitstreiter zu finden. Vielmehr sollte diese Zeitung inhaltlich den Lesern ein Forum bieten, die das Großformat der JF nicht dafür nutzen, um sich dahinter zu verstecken.

Alexander Petereit, per e-mail

 

 

Zum Kommentar "Auf nach Zürich!" von Richard Stoltz, JF 18/01

Gebremste Erwartungen

Nachdem sich die letzte bundesweite Hotline – die jeder anrufen sollte, der eine vermeintlich fremdenfeindliche Straftat beobachtet hat – als Flop entpuppte, nun also der nächste "heiße Draht". Ausstiegswillige Rechtsextremisten können sich vertrauensvoll an den Verfassungsschutz wenden, der ihnen Hilfe zusichert. Sei es bei Arbeits- und/oder Wohnungssuche, bei dem Aufbau einer neuen Identität oder in Einzelfällen bei der Gewährung eines Kredits. Und wer weiß, vielleicht kann man den einen oder anderen ja umpolen und als agent provocateur für höhere, edlere Ziele einspannen. Die sogenannten Experten, allen voran SPD-Mann Wiefelspütz und Verfassungsschutz-Chef Fromm, bremsen allerdings zu Recht die zu Unrecht hochgesteckten Erwartungen. Und bei alledem wird etwas Gravierendes vergessen: Es ist noch gar nicht lange her, da haben gewalttätige Linke und deren Symphatisanten bei dem Castortransport einen Schaden verursacht, der die 100-Millionen-Mark-Grenze gesprengt hat. Hinzu kommen die Schäden für die jüngste 1.-Mai-Randale im Kreuzberg. Wann waren deutsche Rechtsextremisten zuletzt für einen solchen Schaden verantwortlich?

Michael Borgelt, Osnabrück

 

 

Zum Pro&Contra: "Love Parade verlegen?", JF 18/01

Schäden sollten reparabel sein

Ich gehöre zu den Berlinern, die Herrn Jucho nötigen, sich bei Nichtberlinern für unsere "Piefigkeit" zu entschuldigen, und in ihrer "Kleingartenmentalität" wagen, eine "völlig überflüssige Gegendemonstration" zu organisieren. Differenziertes Denken scheint nicht Herrn Juchos Stärke zu sein, eher schon das unternehmerische. Und wer da seine Begehrlichkeiten begrenzen will, wird ungeprüft diffamiert. Was Spaß und noch dazu Geld bringt, ist okay. Auch wenn man dabei ein paar Gesetze außer Funktion setzen muß und rücksichtslos gegen Menschen und Natur zerstörerisch handelt.

Übrigens ist der begehrliche, mißbräuchliche Zugriff auf den kostbaren Tiergarten schon – aktenkundig – vom preußischen Königshof abgewendet worden. London, New York und Paris passen da in aller "provinziellen Piefigkeit" sehr viel strenger auf als der Berliner Senat. Wir üben noch das Metropolesein.

Die Dr. Mottes und Juchos sollten in einer so großen Stadt ihren Spaß haben. Aber auf einer Strecke, die Zerstörungen zu beseitigen erlaubt, und zwar mit dem, was sie nach dem Spaß am meisten schätzen: mit Geld. Der Tiergarten steht unter Denkmalschutz, die Zerstörungen durch die Love Parade sind selbst mit viel Geld nicht wieder gutzumachen

Hanna Knebusch, Berlin

 

 

Zu: "Die Logik der Spaßgesellschaft" von Jens Jessen, JF 18/01

Zu einfache Schlußfolgerung

Herr Jessen sieht im Liberalismus ein Feindbild, welches geschlossen auftritt, und "hedonistisch" die völlige Entsolidarisierung der Gesellschaft zum Ziel hat. Diese Schlußfolgerung ist mir zu einfach. Sicherlich ist die "aktive Sterbehilfe" ein Thema, welches am Scheideweg zwischen liberalem und christlich-konservativem Denken steht. Daß einige Konservative diesen "letzten großen Tabubruch" bis aufs Messer bekämpfen, ist nachvollziehbar.

Als Liberaler ist mir in dieser Frage grundsätzlich die Entscheidungsfreiheit jedes Einzelnen wichtiger als ein kollektives Verbot. Das heißt, daß ein liberaler Christ seine persönliche Entscheidung selbstverständlich anders fällen darf, als dies vielleicht ein liberaler Heide, Moslem oder Buddhist tun würde. Natürlich gibt es auch in dieser Frage problematische Grenzfälle. Es gibt nun einmal Schicksale oder Zufälle, die sich der Einzelne nicht persönlich und freiwillig aussuchen kann. Wenn diese Gesellschaft solidarisch bleiben und eben nicht hedonistisch werden will, dann ist es doch nur selbstverständlich, daß sie die Partnerschaft und Fürsorge zweier Menschen fördert. Deshalb ist die eingetragene Partnerschaft von Homosexuellen noch lange keine "Homo-Ehe". Ebenso könnte man behaupten, daß Onanie schon Abtreibung ist und Frauen weniger wert sind als Männer.

Ich sehe jedenfalls keine "hedonistische Weltherrschaft" im Anmarsch, welche jedem Einzelnen verwehrt, konservativ, national oder sozial zu denken und zu handeln. Vielmehr versuchen hierzulande die "Gralshüter der political correctness", die Freiheit des Einzelnen mit Denkverboten zu beschneiden. Dies werte ich als Angriff gegen den Liberalismus. Sicherlich führt ein radikaler und kompromißloser Liberalismus in den Untergang.

Unbestreitbar ist auch, daß der Kommunismus ein Irrweg war und daß sich das radikale, kompromißlose Christentum mit seinen Glaubenskriegen und Hexenverbrennungen sündig gemacht hat. Alle diese Beispiele sind doch Auswüchse, die eines gemeinsam haben, nämlich die Menschlichkeit aus den Augen verloren zu haben. Jeder Liberale kann selbstverständlich auch konservativ, sozial oder nationalbewußt sein, jedoch die Menschlichkeit darf dabei nie vergessen werden.

Torsten Ilg, Köln

 

 

Zu: "Ich bin so frei" von Alexander Schmidt, JF 1701

Einzelfälle nicht überbewerten

Die Menschen sehen anhand vieler Beispiele, daß Würde und Stolz in eine von ihnen nicht mehr beeinflußbare Abhängigkeit geraten können. Deshalb sind Verfügungen von ihnen darauf ausgerichtet, ihnen nicht nur ein sinnloses – körperliches – Leiden zu ersparen, sondern ihnen auch die psychische Last in der Vorstellung zu nehmen, daß bei einem körperlichen und geistigen Verfall ihnen und ihren Angehörigen die letzte Würde in ihrer letzten Stunde genommen werde.

Die Fälle, die Herr Schmidt dagegen seiner Betrachtung zugrunde legt, könnten stellvertretend auf einen mir bekannten jungen Menschen zutreffen, dessen Leben offensichtlich keinen Inhalt aufwies und der mit allen Mätzchen dieses für ihn wohl alltägliche Einerlei aufpolieren wollte. Da er aus kleinen Verhältnissen stammte, zog es ihn als Nassauer in die Welt der oberen Zehntausend. Doch da es ihm an Stolz mangelte, endeten solche sich ständig wiederholenden Ausbruchsversuche aus dem Ghetto der Einfachheit mit einem Fiasko; ernahm sich an seinem Geburtstag (!) das Leben. Allein auf ihn wäre der Bezug mit der Todessehnsucht zulässig.

Rudolf Jerabek, Vaterstetten,

 

Bistumsblatt in spe

Der Artikel von Alexander Schmidt "Ich bin so frei" über die Sterbehilfe hat mir nicht gefallen. Man glaubt das Bistumsblatt zu lesen.

Der letzte Satz: "Leid darf deshalb nicht als zerstörendes Element, sondern muß als Moment, aus dem Neues entsteht, begriffen werden" ist doch eine nichtssagende Phrase, geradezu zynisch angesichts mancher Fälle.

Auch der "göttliche Heilsplan", den Menschen zu sehen glauben, läßt sich nicht beweisen. Damit rechtfertigt man jahrelanges Leiden von Opfern und Angehörigen, während man auf der anderen Seite Kriege führt und abtreibt.

Simon Aumeier, Weiden

 

 

Zum Kommentar "Eisbrecher" von Anne Scholz, JF 16/01

Initiativkreis ins Leben rufen

Die an einer deutsch-russischen Annäherung ernsthaft interessierten Personen aus dem gewaltfreien patriotischen Spektrum sollten einen Initiativkreis ins Leben rufen – die Deutschland-Bewegung böte sich hierzu an –, um den Schulterschluß mit gleichgesinnten russischen Patrioten zu suchen und zu finden. Und zwar – auch angesichts der sich langsam, aber sicher anbahnenden Großkonflikte – nicht irgendwann mal, sondern jetzt.

Als eine Symbolgestalt von vielen könnte einer solchen Initiative ein legendärer Held, der russischen Revolution von 1905 dienen: der deutschsprachige "Leutnant Schmidt", welche revolutionäre Ideale, Zarentreue und eine geradezu religiös anmutende Gewaltfreiheit in seinem Handeln bis hin zum Märtyrertod auf Beresan vereinte.

Thomas Ehrlich, Niederbrechen

 

 

Zu: "Ein Sieg für die Familie" von Mina Buts, JF 16/01

Zur aktiven Zeit Geld verpraßt

Der Grundgedanke des Urteils, Kinder zu erziehen, sei eine eigene "konstitutive Leistung" wie der gezahlte Beitrag, erschüttert auch die Grundfesten der anderen Sozialversicherungen und belebt die Debatte um das Verhältnis zwischen Eltern und Kinderlosen. Es wird auch klargemacht, daß die Entlastung während der Erziehungsphase greifen muß..

Interessant ist dazu ein Zitat aus dem Buch von Eberhard Hamer "Mittelstand und Sozialpolitik": "Ich bin mir aber sicher, daß ökonomische Zwänge die staatlichen Diskriminierungen von Ehe, Familie und Kindern nicht mehr lange dulden, weil die Belastungsfolgen der verbleibenden aktiven Generation durch die Auflösung von Ehe, Familie und durch den Verzicht auf Kinder in den nächsten zwanzig Jahren untragbare Verhältnisse schaffen werden. Zuerst haben die Selbstverwirklicher sich selbst um Familie und Kinder betrogen; dann hat das Defizit an Kindern unser Sozialsystem betrogen, welches im Umlageverfahren über die Leistung der ungeborenen Kinder bereits verfügt hatte; und nun werden die verbleibenden Kinder sich künftig weigern, fremden Singles und Dinkies höhere Renten zu zahlen, als ihren eigenen Eltern, und Sonderlasten für Leute zu übernehmen, die zu ihrer aktiven Zeit ihr Geld verpraßt und die eigene Altersvorsorge versäumt haben."

Franz Harder, Leopoldshöhe

 

Unzeitgemäßes Urteil

Normalerweise würde ich sagen, daß das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu begrüßen ist. Da sich aber Millionen von Ausländern in Deutschland aufhalten, deren Einkommen aus Kindergeld und Sozialhilfe besteht und deren Kinder sehr oft ihr Leben lang von Sozialhilfe leben oder sogar straffällig werden, frage ich mich, ob das Sozialstaaatssystem überhaupt noch zeitgemäß ist. Soll eine türkische Mutter hinsichtlich einer Erziehungsrente mit einer deutschen Mutter gleichgestellt werden, obwohl die türkischen Kinder im Gegensatz zu den deutschen Kindern eine vielfältige Belastung darstellen? Sollte nicht lieber die Abtreibung ausländischer Babys gefördert werden, wenn ersichtlich klar ist, daß deren Eltern nicht für sie sorgen können, statt die Geburt solcher Kinder mit Zahlung staatlicher Sozialleistungen zu fördern?

Dietrich Christian Voigt, , Wolseley/Südafrika

 

 

Zu: "Politisches Monopol" von Dieter Stein, JF 14/01

Halbstarke Piepshähne

In fast jeder der vielen konservativen bis rechts gerichteten Veranstaltungen wird ein Thema nicht behandelt: die Notwendigkeit der Einigung der zahlreichen kleinen Parteien, Vereine, Gruppen. Aber in der Diskussion wird regelmäßig die Forderung nach einer Einigung laut. Und genauso regelmäßig gehen die Veranstalter als Moderatoren nicht weiter darauf ein mit dem Hinweis, sie hätten schon alles versucht.

Aber warum ist bei all diesen Miniorganisationen mit praktisch gleichem Programm die Einigung auf konservativ-rechter Seite ein Tabuthema? Spricht man den Vorsitzender einer solchen 0,01-Prozent-Partei darauf an, so kommt in der Regel die Aufforderung, doch seiner Partei beizutreten ...

Von diesem konservativ-rechten "Hühnerhof" mit Spenden- und Beitragseier legenden Hennen profitieren viele halbstarke Piepshähne mit kleinem Gefolge und großem Gegacker bei jeder Miniaktivität. Es fehlt der richtige Hahn, dem der ganze Hof vertraut und dessen Stimme auch den beharrlichsten Träumer erwachen läßt. Aber woher nehmen? Wenn der ganze Hof den potentesten wählt, bekommt auch ein Halbstarker das richtige Profil und wird erwachsen.

Es dient auch nicht einer Einigung, als Extremer auf Mißliebige einzuschlagen, denn als Zeitzeuge weiß ich, daß Hitler nicht durch die SA-Rabauken an die Macht kam, sondern durch die Uneinigkeit der Linken, die wir heute rechts haben mit lauter kleinen "Aussitzern".

Dabei gibt es doch bei vollem Einsatz des Verstandes und der Liebe zur Heimat Deutschland einen Weg, Selbstgeschaffenes und -errungenes zu bewahren und trotzdem mehr zu gewinnen: die Anerkennung aller aufrechten, anständigen Deutschen.

Herbert Boettcher, Berlin


 
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