© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    21/01 18. Mai 2001

 
Kolumne
Vater Staat
von Peter Sichrovsky

Die Idee der Marxisten war überzeugend einfach: Wir müssen die Erziehung den Eltern frühestmöglich aus den Händen nehmen und die Kinder in Kindergärten und später in Schulen durch ein entsprechend geschultes Kaderpersonal im Sinne der marxistischen Gesellschaftstheorien beeinflussen und ausbilden.

Jetzt wollen FPÖ und ÖVP einen anderen Weg einschlagen. Erziehung und Ausbildung sollte nicht mehr die alleinige Verantwortung der Schule und Lehrer sein, sondern gemeinsam mit allen Verantwortlichen könnte ein Weg erarbeitet werden, der die Betroffenen mehr in den Erziehungsprozeß einschließt.

Jahrzehntelang versuchten die Linken die Schulen als Hochburgen der Parteibuchwirtschaft aufzubauen. In kaum einem Bereich unserer Gesellschaft bestehen so wenig Erfolgsaussichten ohne entsprechendes Parteibuch. Man erinnere sich nur an die peinliche Propagandashow in manchen Schulen nach der Bildung der FPÖ-ÖVP Regierung, als Schülern Bilder der Regierungsmitglieder gezeigt wurden mit dem Hinweis, das seien diejenigen, die ihnen alles wegnähmen.

Das alles hat seinen ideologischen Hintergrund. Die Marxisten hatten immer schon Angst vor der sogenannten "bürgerlichen" Erziehung, die einen geistigen Freiraum bietet, in dem die sozialistischen Theorien kaum mehr unterzubringen sind. Der Staat ist nicht mehr der Über-Vater unserer Kinder und hat auch kein alleiniges Recht, über die ihm untergebenen Lehrer die Kinder auf ihre Zukunft vorzubereiten.

Es ist immer noch die Familie, es sind die Eltern, die Geschwister, die Großeltern und die Verwandten, die eine Gemeinschaft bilden, in der die Kinder ihre Heimat und ihr Zuhause finden. Die Zeit der sogenannten Erziehungsfachleute, die nach ein paar Jahren Studium beauftragt werden, den Kindern die notwendige Geborgenheit zu bieten, geht zu Ende. Eine moderne Gesellschaft verzichtet auf sture hierarchische Strukturen in der Erziehung. Kinder wachsen in Gruppen auf, in der jeder seine Verantwortung hat und nur alle gemeinsam das Ziel erreichen können. Lehrer, Eltern, Pädagogen, die Schulbehörde, aber auch Nachbarn und Freunde haben eine gesellschaftliche Verantwortung für die Zukunft der Kinder.

Wer versucht, durch bürokratische Hürden eine Zusammenarbeit der Beteiligten zu verhindern, verbaut unsere Zukunft. Wir wollen unseren Kindern eine bestmögliche Zukunft sichern, sie vorbereiten auf ein schwieriges Leben und ihnen dennoch die Sicherheit geben. Jetzt haben wir die Chance, die pädagogischen Ideen der Neu- und Alt-Marxisten zu verändern. Wir sollten uns diese Chance nicht nehmen lassen.

 

Peter Sichrovsky ist Generalsekretär für Außenpolitik und EU-Abgeordneter der FPÖ.


 
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