© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    27/01 29. Juni 2001

 
Der Freiheit eine Gasse!
15 Jahre "Junge Freiheit" als deutsche Pressegeschichte
Dieter Stein

"Beliebte und bewährte Parolen wie ’Freiheit vor Einheit‘, ’Freiheit statt Sozialismus‘ und ’Für Frieden in Freiheit‘ gilt es auf ihren wahren Sinn zu hinterfragen. Überkommene Freiheitsbegriffe in Bezug zu stellen zu Nation, Familie, Staat, Volk und anderem sehen wir als Aufgabe unserer jungen Redaktion. Wir werden das Tagesgeschehen kommentieren, nonkonforme Thesen diskutieren, historische Überblicke geben, in fremde Töpfe blicken und aus eigenen berichten." Dieter Stein, JF 1/1986

Der Freiheit eine Gasse!" Das war die Schlagzeile der Ausgabe Nr. 1 der damals völlig unbekannten Zeitschrift namens "Junge Freiheit", die Anfang Juni 1986 erschien. Diese Schlagzeile wurde zum Leitmotiv der JF über 15 Jahre hin. Die Bedeutung dieses Satzes und der Name der Zeitschrift sollten dabei immer neuen Klang erhalten.

Unser Thema war die Einheit Deutschlands. Und sie ist es bis heute. Wer im Jahr 1986 die Wiedervereinigung des gespaltenen Landes zu seinem politischen Hauptinteresse erklärte, landete auf der politischen Rechten. So wurde die JUNGE FREIHEIT – unfreiwillig – zu einer "rechten" Zeitung, weil die deutsche Linke und die Mitte die Einheit des Landes aufgegeben hatte.

Am Anfang stand ein Kreis von Schülern und Studenten in Freiburg im Breisgau mit christlich-konservativem Hintergrund. Wir wollten uns politisch engagieren. Wir kamen aus der bürgerlichen Mitte unseres Landes und wurden "rechts" verortet, weil sich das Land nach "links" verschoben hatte. Wir wollten aber immer einen Beitrag dazu leisten, daß die nationale Frage wieder in die Mitte der Gesellschaft rückt.

Es gab damals eine Szene eines jungen "anderen Deutschland", die sich in Seminaren und Zeitschriften vor allem der deutschlandpolitischen Thematik widmete. Es mögen im studentischen Kern Mitte der achtziger Jahre nur 1.000 an der Zahl gewesen sein. Sie trafen sich in München, Marburg, Nürnberg, Köln, Hamburg, um die Thesen eines Wolfgang Venohr, Theodor Schweißfurth, Hellmuth Diwald, Bernhard Willms, Hans-Joachim Arndt, Armin Mohler zu diskutieren. Es gab die Zeitschriften Criticón, Student, wir selbst, die Herderbücherei "Initiative" von Gerd-Klaus Kaltenbrunner, Aufsätze zu "Was ist deutsch?", "Nationale Identität", "Deutsche Identität", "Die Rückkehr des nationalen Elements in die Politik". Anfang der achtziger Jahre gelangten die Thesen der "Nouvelle Droite", der Neuen Rechten des Franzosen Alain de Benoist nach Deutschland, und es wurde in dieser Szene seine Forderung nach einer "Kulturrevolution von rechts" debattiert.

Doch die Debatten, die Thesen, fanden keinen breiten Widerhall in Deutschland. Es gab politischen Druck auf Verlage, die nonkonforme Literatur publizierten, Journalisten wurden ausgebootet, die sich unbefangen der deutschen Frage annahmen. Die Herderbücherei Kaltenbrunners wurde Ende der achtziger Jahre eingestellt, der Student erschien 1987 das letzte Mal, Günter Zehm wurde mit seinem "Pankraz" 1989 aus der Welt vertrieben, das ZDF-Magazin Gerhard Löwenthals 1987 eingestellt, nach dem Tod Axel Springers die Zeitungen des patriotischen Verlegers auf opportunistischen Kurs getrieben.

Die Gewichte waren spätestens seit 1968 anders verteilt. Die intellektuelle Lufthoheit in Deutschland wurde durch Medienmacht, Kreativität und Angriffslust von der Linken erobert.

Die Union unter Kohl und das sie stützende Milieu unterwarf sich opportunistisch diesen Realitäten. Statt mit der 1982 proklamierten "geistig-moralischen Wende" eine konservative Renaissance in Deutschland auszulösen, etablierte der schwarze Kanzler lediglich ein System devoter Kohl-freundlicher Journalisten. Unabhängige konservative Strukturen – von den Vertriebenenverbänden, der Vertriebenenpresse, Stiftungen, Verbänden, Verlagen bis hin zu Publizisten – wurden von der Union faktisch teilweise massiver bekämpft bzw. effektiver unter Druck gesetzt als von der Linken. Ein bislang ungeschriebenes Kapitel deutscher Nachkriegsgeschichte.

Indessen explodierte eine Szene alternativer politischer Projekte auf der Linken, die doch vorzumachen schienen, daß man nicht darauf warten muß, bis sich "von oben" etwas ändert. Aus der Verachtung gegenüber einer geistig-moralisch korrupten politischen Klasse zogen diejenigen, die die Gründung und den Aufbau der JUNGEN FREIHEIT betrieben, ihren Impuls.

Weil es kein anderer machte, mußten wir es machen. Da es in den bestehenden Medien keine Stimme für unabhängige Konservative, für Publizisten gab, die sich der nationalen Frage annahmen, mußten wir selbst ein Medium schaffen, das Platz dafür bot.

1992 titelte die in Berlin als gemeinsames Projekt linksalternativer Initiativen gegründete tageszeitung (taz) den ersten großen Artikel über die JUNGE FREIHEIT mit der Schlagzeile "Eine rechte taz?": "Von der Startauflage im Mai 1986 mit 400 Stück hat sich die JUNGE FREIHEIT mit derzeit monatlich 35.000 Auflage zum Shooting-Star der rechtsintellektuellen Postillen gemausert."

Es war schon richtig, daß die taz anfangs eine Faszination ausübte. Vor allem wegen ihrer Frontstellung gegen ein Establishment in Politik und Medien, das meinte, die Macht im Land unter sich aufgeteilt zu haben. Nun hatten wir uns aber daran gemacht, diese Strukturen von einer ganz anderen Seite in Frage zu stellen. Wir sahen uns dabei aber nicht im Konflikt mit den Fundamenten der Bundesrepublik Deutschland, sondern wollten diese gegen Auflösung verteidigen. Ein Treppenwitz, daß heute die Position des Grundgesetzes unter dem Verdacht des Extremismus steht.

Die Geschichte von 15 Jahren JUNGE FREIHEIT ist auch und vor allem die Geschichte von 15 Jahren realexistierender Demokratie und Pressefreiheit in Deutschland. Daß die JUNGE FREIHEIT von kriminellen "autonomen Antifaschisten" angegriffen wurde, daß bereits vor dem ersten Büro in Freiburg 1993 randaliert wurde, daß die JF nach ihrem Umzug nach Potsdam und Berlin von marschierenden schwarzen Kolonnen der "Autonomen" "begrüßt" wurde, daß die Druckerei 1994 zweimal überfallen wurde und beim zweiten Mal in Flammen aufging (Weimar im Dezember 1994, Sachschaden 1,5 Millionen Mark), daß auf die Redaktion und den Vertrieb 1995 Brandanschläge und Überfälle von linksterroristischer Seite verübt wurden, daß Autoren der JF, die öffentlich sprechen, bis heute immer wieder von Linksextremisten angegriffen und verletzt werden, ist eine Sache. Daß große, teilweise sich "bürgerlich" nennende Medien nicht nur darüber schweigen, daß es zu diesen Angriffen kommt, sondern Denunziationsvokabular der "Antifa" übernehmen, ist eine andere Sache.

Schlimmer als gewalttätige Angriffe von Straftätern sind opportunistische Boykottmaßnahmen aus der "Mitte der Gesellschaft". Dazu zählt der Boykott des Springer-Verlages gegen die JUNGE FREIHEIT, der sich bis zur Stunde weigert, Werbeanzeigen der JF in seinen Zeitungen (z.B. Welt, Welt am Sonntag) zu schalten, der seinen firmeneigenen Bilderdienst (Ullstein-Bilderdienst) angewiesen hat, die JF nicht mit Bildern zu beliefern, dessen Vertrieb sich weigert, die JF zu vertreten – aus Feigheit und Opportunismus. Dazu zählt der Boykott der FAZ, die sich, seit sie von linken Medien wegen ihrer Anzeigenpolitik angegriffen wurde, ebenfalls weigert, Anzeigen der JF im politischen Teil zu schalten – aus Feigheit und Opportunismus. Um nur zwei Beispiele zu nennen. Gepaart ist diese Feigheit "bürgerlicher" Verlage mit serviler Anbiederung an eine bis zur Kommunistischen Plattform linksaußen offenen Toleranzskala.

Deutschland ist wie kaum ein anderes Land arm an soliden Kontroversen. Deutschland mangelt es an intellektuellen und politischen Auseinandersetzungen von Niveau. Deutschland leidet unter ununterbrochenem Zwang zur politischen Harmonisierung der Meinungen. Deutschland braucht Provokation und Anregung von links – und rechts. Tiefpunkte dieser Debatten-Verhinderungs-Kultur dokumentierte die JF im Zuge der Walser-Bubis- und der Sloterdijk-Debatte, bei der sich Kontrahenten mit der Faschismus-Keule zu erledigen versuchten.

Sicher benötigt man in einer Gesellschaft einen Konsens, der verhindert, daß es zu lähmenden Konflikten kommt, im Extremfall zum Bürgerkrieg. Ausdruck dieses Willens zum Konsens ist die Verfassung. Es hat sich über die Verfassung hinausgehend in Deutschland aber ein ans Totalitäre grenzender Zwang entwickelt, politische Kontroversen zu tabuisieren und aus der Öffentlichkeit auszuschalten.

Auf Podien, in Talkshows, auf Zeitungsseiten, in Büchern wird nicht mehr ergebnisoffen über die Lösung von politischen Fragen gestritten, sondern darüber, welche Haltungen gut und schlecht sind. Vertreter bestimmter Positionen werden einfach nicht mehr eingeladen und zur Diskussion zugelassen. So gilt es beispielsweise als "gut", in Deutschland die multikulturelle Gesellschaft zu verwirklichen, "gut" ist Einwanderung, "gut" ist die Zentralisierung Europas in einer Art Superstaat.

Eine Diktatur der "Political Correctness" hat sich wie Fesseln um die freiheitliche Demokratie in Deutschland gelegt. Diese Fesseln der Bevormundung, der Entmündigung, der Gängelung freier Bürger müssen gesprengt werden. Da die herrschende politische Klasse von diesem totalitären Klima profitiert, können diese Fesseln nur durch die Bürger selbst abgeschüttelt werden.

Wir brauchen deshalb eine Renaissance freiheitlichen Denkens, eine neue Kultur anarchischer Eigeninitiave, kraftvolle Naturen mit dem Willen zum Widerspruch. Wir brauchen auch ein Bündnis politischer Köpfe jeder demokratischen Couleur, das gegen einen heuchlerischen Konsens der "Political Correctness" auftritt.

Und Deutschland braucht anstelle von "Political Correctness" und Selbsthaß einen gereiften, geschichtsbewußten Patriotismus, unter dessen breitem nationalem Dach sich Links, Mitte und Rechts auch nach einem Streit wieder versöhnt.

Die JUNGE FREIHEIT will Symbol des Freiheitswillens der Deutschen und der Liebe zum eigenen Land sein. Mit Unterstützung unserer Leser und Freunde werden wir weitermachen und dafür sorgen, daß das, wofür die JF steht, mehr Gewicht in Deutschland erhält.

 

Dieter Stein (34) ist Chefredakteur und Geschäftsführer der JF. Er gründete die Zeitung 1986 als Schüler- und Studentenzeitung.


 
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