© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/01 06. Juli 2001

 
Ole von Beust
Der Pferdewechsler
von Christian Vollradt

Ein großes Denkmal steht in Hamburgs Stadtteil St. Pauli zu Ehren dessen, der einmal gehöhnt hatte: "Vom Ochsen kann man nichts anderes erwarten als Rindfleisch, und von Beust nichts anderes als eine ehrgeizige und intrigante ... Hauspolitik".

Ist dies etwa Ausdruck der Wertschätzung für den Fraktionsvorsitzenden der größten Oppositionspartei in der Hamburger Bürgerschaft? Nein, der so geschmähte von Beust ist nicht jener Ole, der nach 1997 nun am 23. September zum zweiten Mal als Spitzenkandidat der Hamburger CDU antreten wird, sondern sein Urahn Friedrich Ferdinand Freiherr von Beust (1809 bis 1886), über den der damalige preußische Bundesratsgesandte Otto von Bismarck wie oben zitiert herzog.

Übereinstimmung zwischen Friedrich Ferdinand und seinem Nachfahren besteht auch darin, daß, was andere als hemmungslosen Opportunismus durchschauen, von Beust von den Eigenen gerne als "nüchternen Realismus" loben läßt.

Der Jurist Ole von Beust, 1955 in Hamburg geboren, erhielt 1978 als damaliger CDU-Landesvorsitzender sein erstes Mandat in der Bürgerschaft. Die SPD, die fast so lange regiert, wie er lebt, möchte von Beust nun endlich ablösen.

Dafür scheint ihm das Auswechseln politischer Verbündeter ein willkommenes Mittel zu sein. In der Endphase des Kohlschen Regimes empfahl sich der Hamburger als einer der "Jungen Wilden", die ganz gerne zum linken Rand der Mitte schielten. So setzte er sich beispielsweise für die Förderung von Reemtsmas Anti-Wehrmacht-Ausstellung ein oder befürwortete einen Nutzungsvertrag mit der "Roten Flora", dem Tummelplatz linksextremer Chaoten in Hamburg. "Ich brauche eine gewisse Unabhängigkeit auch von der Partei", begründete er seine Avancen an das linksliberale Establishment.

Da nun aber die Freie und Hansestadt, die sich unbescheiden "Deutschlands Tor zur Welt" nennt, mittlerweile eher als Einfallstor zwielichtiger Gesellen aus aller Welt und als "Hauptstadt des Schwerverbrechens" berühmt zu werden scheint, sattelte der Unions-Spitzenkandidat um. Er machte im letzten Oktober einen ehemaligen Referatsleiter im Bundeskanzleramt zu seinem Sicherheitsberater und hält sich die Option offen, mit der Partei des Richters Schill (PRO) nach der Wahl zu koalieren. Die gerade vom "kleinen Mann" schmerzhaft gespürte Schwachstelle Innere Sicherheit scheint von Beust als Chance zum Sieg höher zu bewerten als die sonst unionstypischen Vorbehalte gegen Kleinparteien rechts der Mitte.

Bismarck übrigens, dem die hanseatischen "Pfeffersäcke" zunächst den Verlust ihrer Zollfreiheit verübelten, später aber doch das Denkmal an der Elbe setzten, hatte für den Kampf gegen die Sozialdemokratie einen Bundesgenossen ausgerechnet in einem ehemaligen Rivalen gefunden. Der hieß – von Beust.


 
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