© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    28/01 06. Juli 2001

 
"Entstellt und verzerrt"
Interview: Michael Schumm, Sprecher der Danubia, äußert sich zu den Vorwürfen gegen seine Verbindung
Moritz Schwarz

Herr Schumm, in der bayerischen und überregionalen Presse wird der Burschenschaft Danubia der Vorwurf gemacht, den Haupttäter eines Skinhead-Überfalls in München "versteckt" zu haben. Dabei wird ein solcher Vorwurf von der Staatsanwaltschaft, wie diese der JUNGEN FREIHEIT auf Anfrage mitteilte, gar nicht erhoben.

Schumm: Richtig ist, daß ein Mitglied der Burschenschaft Teutonia Regensburg den mutmaßlichen Haupttäter auf unser Haus brachte und dieser dort ein paar Stunden schlief, bis er das Haus am frühen Morgen wieder unbemerkt verließ. Wie in der Presse berichtet, meldete er sich dann bei der Polizei, die ihn laufen ließ. Von uns kannte die Person niemand, auch wußte keiner von uns etwas von der vorausgegangenen Massenschlägerei. Das hat die Staatsanwaltschaft schon im Februar ermittelt, und deshalb hat es deswegen auch nie ein Ermittlungsverfahren gegen unseren Bund gegeben. Daß dies trotzdem immer wieder anders berichtet wird, daran mögen einerseits schlampige Recherchen, andererseits auch manche denunziatorische Absichten schuld sein.

Ist es wirklich glaubhaft, daß kein Danube die Unterbringung bemerkt hat?

Schumm: Natürlich wurde die Unterbringung bemerkt, nur wußte auf unserem Hause niemand, mit wem wir es da zu tun hatten und was vorausgegangen war. Geöffnet hatten gegen zwei Uhr morgens einige wegen des bevorstehenden Burschenschafterballes anwesende Gäste. Erst später kam ein Danube dazu, der dann von dem ihm bekannten Teutonen um eine Übernachtungsmöglichkeit gebeten worden ist, weil beide wohl einen ziemlichen Alkoholspiegel hatten und sein Begleiter überfallen worden sei. Zu dem Zeitpunkt gab es keinen Grund, das abzulehnen.

Nun steht doch aber auch ein ehemaliger Danube vor Gericht, weil er die Geburtstagsfeier, in deren Anschluß die Schlägerei stattfand, organisiert hatte und selbst an der Schlägerei beteiligt gewesen sein soll.

Schumm: Dieser ehemalige Danube war zum damaligen Zeitpunkt suspendiert. Er hat an jenem Abend seinen Geburtstag gefeiert. In jener Nacht war er nicht auf unserem Haus. Darüber, wer wen eingeladen hat, und von seiner mutmaßlichen Beteiligung an der Schlägerei wissen wir nur das, was die Zeitungen schreiben, und warten im übrigen das Ende des Prozesses ab, der endgültige Aufklärung geben wird.

Ihre Informationspolitik war, nachdem die Vorwürfe erhoben wurden, wenig konstruktiv. Warum haben Sie so zögerlich reagiert?

Schumm: Wir haben erwartet, daß der Presse gewährte Interviews nur entstellt und verzerrt als Füllmaterial für einen ohnehin schon vorgefaßten Tenor der Berichterstattung dienen würden. Um also weiteren Schaden von unserem Bund und der Deutschen Burschenschaft abzuhalten, entschieden wir uns, nur eine schriftliche Richtigstellung herauszugeben, was auch sofort geschah, und mündliche Anfragen an einen zentralen Referenten weiterzuleiten. Sicher wurde uns dies teilweise als Bunkermentalität angekreidet, wir waren aber der festen Überzeugung, daß der sich überschlagenden Kampagne nur mit knappen, kaum zu verfälschenden Worten der Boden entzogen werden konnte.

Ihrer Burschenschaft wird nicht zum ersten Mal vorgeworfen, Kontakte zum Rechtsradikalismus zu haben.

Schumm: Dieser Vorwurf wird durch ständige Wiederholung nicht richtiger. Wir vermissen dabei die der Presse gemäße objektive Berichterstattung und stellen fest, daß da Vorurteile von gestern als Belege von heute herhalten müssen. Richtig ist, daß sich unser Bund mit seiner Vortragsreihe der "Bogenhausener Gespräche" in den letzten Jahren einen Namen gemacht hat. Damit erziehen wir unsere Mitglieder zu kritischem und objektivem Denken und Handeln ohne Vorurteile. Der bayerische Innenminister Dr. Günther Beckstein wirft uns in diesem Zusammenhang vor, wiederholt Rechtsextremisten eine Plattform geboten zu haben. Wer sich aber unsere Referentenliste ansieht, wird feststellen, daß diese keineswegs einseitig ist und keinesfalls die Werte des Grundgesetzes außer acht läßt. Grundsätzlich gilt ohnehin, daß wir das Programm unserer Veranstaltungen bestimmen, nicht Politiker und nicht die Presse. Das mag freilich die stören, die politisch rechte Ansichten mit hirnlosen Platitüden und Gewalttätigkeit gleichsetzen.

Herr Beckstein moniert doch aber auch eine Unterwanderung, nicht nur Ihrer Burschenschaft, durch die NPD?

Schumm: Für unseren Bund kann ich feststellen, daß wir seit vielen Jahren kein NPD-Mitglied in der Aktivitas haben. Vertreten sind dafür aber CSU-Mitglieder, wie auch FDP und SPD. Wir nehmen die Warnung vor einer Instrumentalisierung unseres Bundes durchaus ernst, eine solche wird aber keiner Partei, vor allem nicht der NPD gelingen. Im Moment haben wir keinerlei Hinweise, daß dies überhaupt versucht wird.

Auch die meisten anderen Münchner Burschenschaften kritisieren Sie.

Schumm: Sicher ist das Verhältnis zu einigen Bünden gespannt, und daß die Vorwürfe im Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen auch innerhalb des Dachverbandes eine massive Verunsicherung ausgelöst haben, ist mehr als verständlich. Mein Bund hat deshalb auch selbst ein Untersuchungsverfahren für notwendig gehalten und auf der letzten Hauptausschußsitzung befürwortet. Nur so können nach unserer Auffassung die gegen uns erhobenen Vorwürfe ausgeräumt werden. Einige Bünde machen sich jedoch leider die Argumentation der Medien vorschnell und ungeprüft zu eigen. Dazu wiederhole ich, wir werden uns von niemandem instrumentalisieren lassen, aber wir werden auf unserem Hause auch weiterhin dem das Wort gewähren, der sich auf einen freiheitlichen und demokratischen Diskurs mit uns einläßt und den wir für interessant halten.

Welche Konsequenzen werden Sie aus der Angelegenheit ziehen?

Schumm: Wir Danuben haben ein provokantes Auftreten nach außen in der Vergangenheit gerne als Stilmittel genutzt und uns oft auch selbst auf die Schippe genommen. Das hat man uns jetzt zum Teil massiv um die Ohren gehauen. In Zukunft werden wir wohl mißverständliche Anleihen bei unserer Selbstdarstellung nach außen zugunsten unserer politischen Anliegen zurückschrauben. In unserer intellektuellen Arbeit denken wir jedoch in jedem Fall an die Erfolge der letzten Jahre anzuknüpfen. Wir sind uns bewußt, daß es viel Energie kosten wird, den uns angehefteten Makel wieder abzustreifen. Altherrenschaft und Aktivitas sind sich jedoch einig, daß wir uns diesem Ziel gemeinsam widmen werden. Dabei setzen wir auf unsere Stärken, Bundesbrüderlichkeit und persönlichen Einsatz. Das gilt für die Arbeit in unserem Bund und im Dachverband, an der Hochschule und in der Deutschen Burschenschaft.


 
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