© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    29/01 13. Juli 2001

 
"Meine Leidensfähigkeit ist erschöpft"
Berliner FDP: Klaus Gröbig, Exponent des rechten Flügels der Liberalen, kündigt seinen Parteiaustritt an
Thorsten Thaler

Herr Gröbig, Sie galten jahrelang als Exponent des rechten Flügels der Berliner FDP. Jetzt vor den Wahlen zum Abgeordnetenhaus bringt sich die Partei wieder ins Gespräch, und Sie kündigen Ihren Austritt an. Warum?

Gröbig: 1999 wurde versucht, die Jahreshauptversammlung meines Bezirksverbandes gewaltsam zu sprengen. Dies konnte nur mit Hilfe der Polizei verhindert werden; für die Störer hatte es keine Konsequenzen. Seit Günter Rexrodt die Partei wieder führt, haben sich die Methoden geändert. Er hat es erfolgreich verstanden, aus mir den Buhmann der Partei zu machen. Über 60 Gerichtsverfahren mußte ich führen, um meine Rechte zu wahren. Rexrodt will mich benutzen, um sich bei der Parteilinken anzubiedern und seine abermalige Kandidatur für den Bundestag sicherzustellen. Da mache ich nicht mehr mit.

Heißt das, die Nationalliberalen in der FDP sind endgültig gescheitert?

Gröbig: Nein. Nach dem für 2002 zu erwartenden Abtreten Rexrodts als Landesvorsitzender ist wieder alles möglich.

Trotzdem wollen Sie austreten?

Gröbig: Ich habe von den Manipulationen der Partei gegen mich einfach genug. Meine Leidensfähigkeit ist erschöpft.

Wie beurteilen Sie das derzeitige personelle Angebot der FDP in Berlin?

Gröbig: Ich will Ihnen ein Beispiel geben: Hans Joachim Josewski gehörte 1995 zu den Unterzeichnern der nationalliberalen "Berliner Positionen". Nachdem er sich inzwischen im Kampf gegen Rechts parteiintern einen Namen gemacht hat, soll er jetzt ins Parlament. Dieser Mann ist symptomatisch für das personelle Angebot. Die Studenten des "Projekts Absolute Mehrheit", die im letzten Wahlkampf zum Beispiel für eine "liberale Drogenpolitik" geworben haben, werden wahrscheinlich die Zukunft der Partei bestimmen

Für welche Inhalte steht die FDP?

Gröbig: Für gar keine. Anders als auf Bundesebene, wo die FDP immerhin mit klaren politischen Aussagen auftritt, strebt die Partei in Berlin nur noch nach Regierungsmacht.

Für die Zeit nach der Wahl will sich die FDP alle Optionen offenhalten, von einer Koalition mit der CDU bis zu einer Ampelkoalition mit SPD und Grünen.

Gröbig: Realistisch ist nur die Ampel, weil die CDU – anders als 1999 – zu schwach ist.

Welches Ergebnis trauen Sie der FDP in Berlin zu?

Gröbig: Den Umfragen zufolge kann die Berliner FDP mit sieben bis acht Prozent rechnen. Ihre Chancen sinken jedoch in dem Maße, je größer der Abstand zur Bankenkrise ist, weil Gysi, Wowereit und Wieland die bürgerlichen Wähler wieder in die Arme der CDU treiben.

 

Klaus Gröbig, 44, gehört seit 20 Jahren der FDP an. Er war Bezirksvorsitzender in Berlin-Tempelhof.


 
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