© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    34/01 17. August 2001

 
CD: Jazz
Stimmungsvoll
Michael Wiesberg

Anzuzeigen sind drei CDs, die schon aufgrund ihrer ästhetisch ansprechenden Hüllen ins Auge fallen. Alle drei Scheiben gehören in eine insgesamt 50 Alben umfassende Serie mit dem Titel „Jazz in Paris“, die das Label „Gitanes Jazz Productions“ vor kurzem veröffentlicht hat. Diese Serie bietet Jazz-Aufnahmen bekannter Musiker vor allem aus den fünfziger und sechziger Jahren. Die stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Fotos aus Paris, die die CD-Hüllen zieren, vermitteln etwas von der Stimmung dieser Aufnahmen, deren Reiz sich der Jazz-Interessierte kaum entziehen können wird. Daß diese Aufnahmen dazu noch zu einem sehr günstigen Preis zu haben sind, dürfte ihre Attraktivität weiter erhöhen.

Auf einer dieser Aufnahmen, die den Titel „Improvisations“ trägt, ist der legendäre Swing-Geiger Stephane Grapelli zu hören. Dieser habe, so zum Beispiel Yehudi Menuhin, das Geigenspiel „durch Phantasie, perfekte Technik und spontanen Gefühlsausdruck, was das Ziel eines jeden Geigers sein müßte“, bereichert. Bereits 1939 war der 1908 geborene Grapelli durch seine Zusammenarbeit mit dem Gitarristen Django Reinhardt im Quintette du Hot Club de France ein international bekannter Geiger. Eine Reihe von Kritikern hält die gemeinsamen Aufnahmen mit Reinhardt für die gelungensten Aufnahmen Grapellis. Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges endete zunächst die Zusammenarbeit mit Reinhardt, die Grapelli nach dem Krieg aber wieder aufnahm.

Die vorliegende Aufnahme entstand im Februar 1956. In dieser Zeit arbeitete Grapelli im Club St. Germain des Prés in Paris, dann mehrere Monate in St. Tropez und 1956 im Pariser Hotel Claridge. Zu hören sind neben Grapelli der Pianist Maurice Vander, der Kontrabassist Pierre Michelot sowie der Schlagzeuger Baptiste Reilles.

Der 1942 geborene Jazz-Geiger Jean-Luc Ponty ist einer größeren Gemeinde von Musikinteressierten vor allem durch seine Arbeit mit Musikern wie Frank Zappa, John McLaughlin und Tony Williams bekannt geworden. Die Aufnahme „Jazz long playing“, die im Juni /Juli 1964 eingespielt wurde, stammt aus der Anfangszeit seiner Karriere. Trotzdem sind auf dieser Scheibe neben Ponty so bekannte französische Musiker wie der Flötist Michel Portal oder der Schlagzeuger Daniel Humair zu hören.

Jean-Luc Ponty, der im übrigen eine enge Freundschaft mit Stephane Grapelli pflegte, hat selbst hat einmal darauf hingewiesen, daß er von Claude Debussy, Maurice Ravel und vor allem Olivier Messiaen beeinflußt sei. Seine Wurzeln liegen also eigentlich in der klassischen Musik, was auch seine Arbeit in einem Symphony-Orchester Anfang der sechziger Jahre zeigt. Sein Durchbruch als Jazz-Geiger gelang ihm 1964 bei einem Festival in Antibes. Vor diesem Hintergrund dokumentiert das Album „Jazz long playing“ auch und gerade den Beginn der internationalen Karriere des Jazzmusikers Ponty.

Noch viel Worte über den unvergessenen Trompeter Chet Baker verlieren zu wollen, hieße Eulen nach Athen zu tragen. Das Gitanes-Album mit dem für Baker symbolträchtigen Titel „Broken wing“ entstand Ende Dezember 1978, also etwa zehn Jahre vor dem tragischen Tod dieses für die Geschichte des Jazz so wichtigen Trompeters. Das überaus lyrische Album „Broken Wing“ entstand auf Anregung von Gilles Gautherin, einem der loyalsten Freunde und Bewunderer Bakers. Zu hören sind neben dem Titelstück Baker-Klassiker wie „How deep is the Ocean“, „Black Eyes“ und Oh you crazy Moon“. Der Pianist Phil Markowitz, der auf diesem Album mitwirkt, verglich Baker enthusiastisch mit Mozart. In der Tat: Entfernte man eine einzige Note aus Bakers fragil gespielten Linien, würde die ganze Melodie unwiderruflich beschädigt. 


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen