© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/01 24. August 2001

 
Carl-Peter Forster
Benzin im Blut
von Alexander Schmidt

Opel ist ohne Zweifel eine Traditionsmarke, mit der sich der Deutsche bis heute in hohem Maße identifiziert. Unternehmenspatriarchen wie Adam Opel gehören zu den Gründervätern der modernen Industrienation Deutschland, der Opel-Rak-Valier half Deutschlands Weg zur späteren Raketengroßmacht zu ebnen, und der legendäre Opel Blitz trug nicht nur im Zweiten Weltkrieg Truppen an alle Fronten, sondern auch nach 1945 die Last des Wideraufbaus der Nation.

Außer dem Volkswagen symbolisierte kein Auto das deutsche Wirtschaftswunder mehr als der Opel Kapitän. So sehr war er das Traumauto unserer käferfahrenden Väter, daß der Liedermacher Reinhard May die melancholische Erinnerung an seinen Vater in das Gewand einer Ballade vom Opel Kapitän kleidete. Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre schließlich schüttelte eine ganze Generation junger Deutscher das Opel-Manta-Fieber.

Doch dann, im Jahr 2000, verbuchte der Rüsselsheimer Konzern ein Minus von 982 Millionen Mark, das schlechteste Ergebnis in der gesamten Firmengeschichte - das Markenimage liegt am Boden, und sogar der Verkaufsschlager Opel Astra fällt in diesem Jahr bei den Neuzulassungen hinter Passat und 3er BMW zurück. Verantwortlich für die prekäre Situation ist nicht zuletzt die Unternehmenspolitik des Mutterkonzerns General Motors, dessen Kosteneinsparungen zu bravem Design und Qualitätsmängeln führten. Der Marktanteil liegt gerade noch bei noch 12,2 Prozent, gegenüber 17 Prozent im Jahr 1995.

Nun hat die Adam-Opel AG mit Carl-Peter Forster die wahrscheinlich letzte Chance, die „demolierte“ Marke wieder flott zu machen. In seiner Branche gilt der gelernte Luft- und Raumfahrttechniker als Mann mit „Benzin im Blut“ und als Ausnahme-Erscheinung mit fast preußischen Zügen. Dem BMW-Konzern hat er zum Durchbruch der 5er Serie verholfen, bis ihn unüberbrückbare Differenzen mit dem Vorstandsvorsitzenden Joachim Milberg zwangen, seinen Hut zu nehmen. Das kam der Opel-Führung wie gerufen.

Forster gehört nicht zu dem genormten Manager-Typ, der Vorstandsetagen mehr und mehr an Zuchtstätten von Doppelgängern erinnern läßt. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen nimmt er die Möglichkeiten des weltweiten Netzes nicht nur als Lückenfüller für Besprechungen und Mitarbeiterkontrolle wahr. Seine Tätigkeit im Aufsichtsrat des Internet-Start Up dooyoo.com weist den ehemaligen Investment-Banker auch als Praktiker aus. Sein Plan, Autos künftig über das Netz zu verkaufen, würde neue Wege für Opel ebnen. Für Forster gilt es vor allem, das Opel anhaftende unheilbringende Odium des Mittelmaßes abzustreifen. Opel müsse „endlich auch in der Oberklasse den Konkurrenten BMW und Audi etwas entgegensetzen“ können. Ob es allerdings gelingt, aus dem langen Schatten des Opel Kadett herauszutreten, bleibt abzuwarten.


 
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