© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    35/01 24. August 2001

 
WIRTSCHAFT
Aktienzockerei der Mehrwisser
Bernd-Thomas Ramb

Da veröffentlicht die Wertpapieranalyseabteilung der Deutschen Bank eine Kaufempfehlung für die Aktien der Deutschen Telekom, die so manchen Kleinanleger veranlaßt, trotz der bitteren Kursverluste wieder kaufendes Vertrauen in die propagierte Volksaktie zu entwickeln - und einige Tage später fällt der Kurs der T-Aktie wie ein Kartoffelsack, weil eben diese Deutsche Bank ein Paket von 44 Millionen Telekom-Aktien aus dem Besitz der asiatischen Telefongesellschaft Hutchison Whampoa auf einem Schlag zu 23,60 Euro verkaufte. Danach sank der Kurs auf 17,32 Euro, so tief wie vor vier Jahren.

Der Wertverlust der Telekom liegt in Milliardenhöhe. Noch schwerer wiegt der Vertrauensverlust, den die T-Aktie erfährt. Gerade für Aktien-Neueinsteiger bedeutet dies eine bittere Erfahrung. Für eingefleischte Kapitalismusgegner hingegen ist es ein Sturzbach auf die Mühlen ihrer Vorurteile. Eine genaue Sicht dieses Vorgangs tut daher not: Aktien in Privatbesitz unterliegen der privaten Verfügungsentscheidung. Wenn Herr Li-Ka Shing als Großaktionär des Hongkonger Unternehmens 44 seiner 206 Millionen T-Aktien verkaufen will, darf er das. Auch die vorangegangene Kaufempfehlung der Deutschen Bank ist nicht illegal. Sie wäre sicher nicht erfolgt, wenn der hausinterne Informationsfluß nicht gezielt unterbrochen gewesen wäre, denn im nachhinein zeugt diese Empfehlung von mangelhaftem Analysevermögen. So konnten diejenigen, die mehr wußten, ein sattes Geschäft verbuchen. Das ist nicht strafbar, aber selbst im harten Geschäftsleben unmoralisch und für das Renommee einer Bank absolut tödlich. Es dürfte daher nicht verwundern, wenn demnächst die Köpfe der verantwortlichen Vorstände rollen, auch wenn sie der Deutschen Bank einen satten Profit verschafft haben.


 
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