© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/01 31. August 2001

 
„Kriminelle Akte“
Interview: Karlheinz Weißmann über die Angriffe gegen das Institut für Staatspolitik
Hans-Peter Rissmann

Herr Dr. Weißmann, wie beurteilen Sie den Anschlag, der in der letzten Woche auf das Büro des Instituts für Staatspolitik verübt wurde?

Weißmann: Das war eine letzte Steigerung in der Kette von kriminellen Akten, die das IfS, und insbesondere Götz Kubitschek, getroffen haben. Angefangen mit der „Demonstration“ vor seinem Wohnhaus mit symbolischer Körperattacke bis hin zu diesem Bubenstück.

Worauf führen Sie die Eskalation zurück?

Weißmann: Meiner Meinung nach handelt es sich um das Ergebnis einer wachsenden Beunruhigung in der Antifa-Szene ...

... das ist doch ein ziemlich heterogenes Gebilde ...

Weißmann: ... in der die einen den öffentlichen Warner und Mahner machen und das Pack die Drecksarbeit erledigt.

Mit den Warnern und Mahnern spielen Sie auf Helmut Kellershohn und seine Äußerungen über das Institut in der „Jungle World“ an?

Weißmann: Zum Beispiel.

Kellershohn beschwört da vor allem die Gefahr einer intellektuellen Machtübernahme des IfS in der Union.

Weißmann: Von der sind wir bedauerlich weit entfernt. Aber selbstverständlich wird niemand Herrn Kellershohn widersprechen, wenn er meint, daß das geistige Vakuum, das in der Union herrscht, nach Auffüllung verlangt.

Und Sie glauben, daß Sie eine solche Auffüllung leisten könnten?

Weißmann: Selbstverständlich. Solange die Union die „Wir-Gesellschaft“ diskutiert und über die Frage nachdenkt, ob sie die „Soziale Marktwirtschaft“, die „Neue Soziale Marktwirtschaft“ oder die „neue soziale Marktwirtschaft“ vertreten sollte, besteht offensichtlich ein Bedarf nach geistiger Orientierung. Aber um nicht mißverstanden zu werden: Wir wollen keinen Wahlkampf für die Union machen oder die Adenauer-Stiftung ersetzen. Uns geht es um geistigen Einfluß, nicht die intellektuelle Lufthoheit über Stammtischen, sondern über Hörsälen und Seminarräumen interessiert uns, es geht um Einfluß auf die Köpfe, und wenn die Köpfe auf den Schultern von Macht- und Mandatsträgern sitzen, um so besser.

Welche Folgerungen ziehen Sie denn aus den Pressionen für Ihre weitere Arbeit?

Weißmann: Wir werden nach Behebung der Schwierigkeiten weitermachen und die von uns geplanten Vorhaben durchführen. In diesem Jahr stehen noch interne Tagungen, die Sommerakademie und die Veröffentlichung einer weiteren Studie bevor.

Zu welchem Thema?

Weißmann: Über den „Aufstand der Anständigen“ und seine politischen Hintergründe. Das paßt übrigens gut zu dem eben angesprochenen Zusammenhang. Der ganze „Kampf gegen rechts“, den wir seit einem Jahr vorgeführt bekommen, hat die Hemmschwellen gesenkt, das beginnt bei „Gewalt gegen Sachen“ und endet - wie kürzlich in Frankfurt - bei „Gewalt gegen Personen“. Das ist ein ebenso klassisches Muster wie das Ducken der bürgerlichen Kreise.

Was heißt das?

Weißmann: Das heißt, es fehlt in Deutschland an Zivilcourage, und es wurde schon zu lange geschwiegen, weggeschaut, verharmlost.

Das Institut hat jetzt seit einem Jahr gearbeitet. Sie wissen, daß viele Leute das Projekt mit großer Skepsis beobachten ...

Weißmann: ... Skepsis ist immer das Einfachste ...

... und nach den Aussichten des Konzepts fragen.

Weißmann: Es wäre mir neu, wenn jemals ein politisches Projekt von Bedeutung mit einer Erfolgsgarantie begonnen worden wäre, und selbstverständlich besteht immer die Gefahr des Scheiterns: schlimmstenfalls an sich selbst, den Unzulänglichkeiten der eigenen Mannschaft. Aber da bin ich ganz optimistisch. Es stellt sich für das IfS nicht die Frage, ob es weiter arbeitet, sondern auf welchem Niveau es weiter arbeitet und welche Formen der Institutionalisierung bis zu welchem Zeitpunkt erreichbar sind. Angesichts der Erfahrungen der vergangenen Monate bin ich viel zuversichtlicher als zu Beginn, und wie der alte de Maistre so richtig sagte: Nichts Großes in der Geschichte beginnt groß.


 
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