© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    36/01 31. August 2001

 
Verdächtig stolz
Bundeswehr: Das Aufspüren von „Rechtsradikalen“ durch den MAD treibt obskure Blüten
Moritz Schwarz / Matthias Bäkermann

Der „Fall Kubitschek“ (JF 35/01) hat unter konservativen Soldaten und Reservisten große Empörung ausgelöst. Der Oberleutnant der Reserve Kubitschek war am 16. August unter dem Vorwurf, er sei ein „Extremist“ von einer Wehrübung entlassen worden. Begründet wurde der Vorwurf mit seiner Tätigkeit als Redakteur der JUNGE FREIHEIT von 1995 bis 1997 und seiner Autorschaft des Buches „Raki am Igman“ - eines Tatsachenberichts über Kubitscheks Einsatz als sfor-Soldat, der in verschiedenen Bundeswehr-Publikationen allerdings positiv besprochen worden war.

Doch dieser Vorfall ist nicht der erste Fall von politischer Diskriminierung, den konservative Soldaten hinnehmen müssen. Auch wer in unliebsamen Parteien wie den Republikanern oder dem Bund Freier Bürger der grundgesetzlichen Aufforderung nachkommt, am politischen Willensbildungsprozeß mitzuwirken, riskiert eventuell gar aus der Armee ausgestoßen zu werden und damit Karriere, Beruf und Berufung zu verlieren.

Der bundesweit bekannteste Fall ist der des Hauptmann Herbert Bastl. Er trat 1993 - nachdem er, wie er gegenüber der JUNGEN FREIHEIT betont „die Partei auf rechtsextremistische Bestrebungen hin geprüft“ habe - der Partei „Die Republikaner“ bei. Außer einigen klärenden Gesprächen mit dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und kleineren Schikanen ergaben sich zunächst keine Schwierigkeiten für das ehemalige CDU-Mitglied. Auch nicht, als Bastl zur 13. Panzergrenadierdivision in Leipzig versetzt wurde, deren Kommandeur damals Generalmajor von Scotti war, heute Chef des Personalstammamtes der Bundeswehr und verantwortlicher Unterzeichner der Verfügung gegen den Oberleutnant Kubitschek!

Auch hatte die Bundeswehr keine Bedenken, Bastl ins Ausland zu schicken, so diente er 1996 vier Monate in Bosnien. Doch dann eröffnete ihm sein Kommandeur im Jahre 1998 überraschend, er habe binnen drei Wochen von allen Parteiämtern zurück- und aus der Partei auszutreten. Bastl wehrte sich erst mit einer Eingabe an die Wehrbeauftragte, schließlich mit einer Wehrbeschwerde - beide bis heute unbeantwortet. Als sich Bastl von den Drohungen nicht einschüchtern ließ, beließ man es zunächst bei dem Damoklesschwert über seinem Haupt. Bastl ist sich sicher, die Gründe dafür zu kennen: „So konnte mein Fall bei Weiterbildungen für Offizier und Unteroffiziere schön breitgetreten und jedem vor Augen geführt werden, was ihm droht, wenn er den Vorgaben der Führung nicht Folge leistet“.

Als Bastl klar wurde, daß man offenbar gar nicht so sehr an einer Entscheidung gegen ihn interessiert war, beantragte er am 14. April 1998 ein Wehrdisziplinarverfahren gegen sich selbst! Daraufhin erhielt er ein Schreiben, das reguläre Verfahren gegen ihn sei nun endlich eröffnet - Datum des Bescheides: der 14. April 1998!

Im Frühjahr 2001 fiel schließlich das Urteil zu Bastls Gunsten. Unklar ist allerdings wieviel er von den von ihm aufgewendeten über 30.000 Mark Prozeßkosten vom Kläger ersetzt bekommt. Bastl ist ernüchtert, „die persönlichen Nachteile - Schikanen, unattraktive Dienstposten, Verweigerung von Lehrgängen - und damit Behinderung der Aufstiegsmöglichkeiten - und die Gefahr sich, zu ruinieren, sind eigentlich zu groß, als daß der Durchschnittssoldat es wagen könnte, sich gegen eine solche, durch den Gerichtsentscheid ja nun evidente Diskriminierung zur Wehr zu setzen.“

Skandalöser aber ist der Fall des Oberleutnants Peter F. . Dem einfachen Parteimitglied der Republikaner wurde unter gezielt brüskierenden Umständen die Beförderung zum Hauptmann verweigert. Ohne Ankündigung wurde er von einem Tag auf den anderen strafversetzt. Die Offiziersehre wurde ihm offiziell aberkannt, als Ausbilder wurde er gesperrt und eine allgemeine Beförderungssperre verhängt. Peter F. war quasi „geächtet“, Vorgesetzte, die sich aus persönlichen Gründen für ihn einsetzten, wurden abgemahnt. F. klagte gegen seine Einstufung als „Extremist“ allein aufgrund seiner bloßen Parteizugehörigkeit, doch ohne Erfolg. Als letztes Mittel hat er nun das Bundesverfassungsgericht angerufen.

Aber auch parteilich nicht organisierte Soldaten geraten in die Mühlen der Truppendienstgerichte. Als ein Fall von vielen kann das Beispiel eines Oberfeldwebels (Name ist der Redaktion bekannt) einer Münsteraner Panzereinheit angeführt werden, der 1995 nach einer Unterrichtstunde „Politische Bildung“ von zwei Wehrdienstleistenden „gemeldet“ wurde. Vorgeworfen wurde ihm, er habe nationalsozialistische Propaganda betrieben. Vorgesetzte und etliche Kameraden aus dem Unteroffizierkorps stellten sich gegen ihn und strengten gar einen Prozeß vor dem Truppendienstgericht an oder sagten gegen ihn als Zeugen aus. Natürlich galt der Oberfeldwebel als verdächtig. Denn wie aus den Infoblättern des MAD, die seit 1993 in der Truppe verteilt werden, zu entnehmen ist, gelten „besonders schneidiges Auftreten“, das „Hören von Marschmusik“, „in der Kaserne zu wohnen“, „außerordentliches Interesse an Militär und Geschichte“ zu haben und Dritten gegenüber zu äußern, „stolz auf Deutschland zu sein“ als Indikatoren für rechtsradikale Gesinnung .

Die Gerichtsverhandlung gegen den Portepeeunteroffizier geriet zur Statuierung eines Exempels: Unehrenhafte Entlassung aus der Bundeswehr bei Verlust aller Ansprüche auf Übergangsgeld und Rentenansprüche. Dieser Urteilsspruch des Richters wurde auf Initiative des Staatsanwaltes (!) in die Revision vor den Wehrsenat verwiesen, der höchsten Wehrgerichtsinstanz. Dieser gab sich in der Behandlung des Falles mehr Mühe. Die Behauptungen aus dem politischen Unterricht wurden durch Sachverständige aus dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt überprüft und als keineswegs verfassungsfeindlich oder gar nationalsozialistisch eingestuft. Letztlich wurde der Oberfeldwebel in elf von zwölf Punkten freigesprochen. Die Behauptung, die Hitler-Attentäter des 20. Juli hätten ihren militärischen Eid verraten, war der zwölfte Anklagepunkt und wurde im Urteil mit einer zweijährigen Beförderungssperre quittiert.

Der Oberfeldwebel saß die zwei letzten Dienstjahre bis 1998 ab, wurde während dieser Zeit von den Vorgesetzten schikaniert, und nach insgesamt zwölf Jahren Dienstzeit ohne Verabschiedung und ohne selbst für Wehrdienstleistende obligatorische Dankesurkunde in die zivile Welt entlassen.

Auch in der Bundeswehr wird kaum noch zwischen konservativ und rechtsextrem unterschieden. So reagierte man auf die unappetitlichen Vorfälle bei den Schneeberger Gebirgsjägern (Vergewaltigungs-Video) mit einer Ausstellung, über Rechtsextremismus. Ohne Rücksicht darauf, daß es bei den Vorfällen gerade keine „Drahtzieher“ gegeben hatte, suggeriert der Titel der Ausstellung „Biedermann und Brandstifter“ des sächsischen Innenministeriums gegenteiliges. Dann können Gerichte auch noch so eindeutig freisprechen, Konservative und Patrioten bleiben mit dem Makel der rechtsextremistischen Unreinheit besudelt.


 
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