© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co. www.jungefreiheit.de 37/01 07. September 2001 |
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CD: Pop Alterswerk Holger Stürenburg Der Name des Electric Light Orchestra - kurz E.L.O. - steht noch heute für die wichtigsten Elemente der Musik dieser Band: vielschichtige Harmonien, perfekte Kompositionen, wunderschöne Gitarren, melodiöse Streicharrangements und natürlich die überlagerten Gesangsspuren von E.L.O.-Mastermind Jeff Lynne. Lang, lang ists her, daß E.L.O. weltweit die Hitlisten beherrschten, zum Beispiel 1978 mit Living Thing, 1979 mit Confusion oder Shine a little Love, unvergessen ihr futuristisches Konzeptalbum Time aus dem Jahre 1981 (mit den Hitsingles Hold on Tight und Twilight). 1986, nach dem durchwachsenen und recht erfolglosen Album Balance of Power, beendete Jeff Lynne, der einst uneingeschränkte Kopf der Band, das Kapitel E.L.O. Seitdem zog Drummer Bev Bevan mit einer Revivaltruppe namens E.L.O.II durch die Oldiefestivals dieser Welt und führte um die weitere Nutzung des Namens Prozesse mit Lynne - während dieser zu einem gefragten Produzenten avancierte und Alben von Weltstars wie George Harrison (Cloud Nine, 1987), Tom Petty (Full Moon Fever, 1989) oder Paul McCartney (Flaming Pie, 1994) betreute. Zudem gründete er gemeinsam mit Petty, Harrison, Bob Dylan und Roy Orbinson die Traveling Wilburys, mit denen er 1988 und 1993 weltweite Erfolge einfahren konnte; sein 1990 eingespieltes Soloalbum Armchair Theatre hingegen ging unter. Ich habe während der Pause viel gelernt, gab Lynne zu Protokoll, als er im Juni dieses Jahres ein neues Album unter dem Label E.L.O. vorstellte. Zoom ist soeben bei Epic/Sony erschienen - und klingt kaum anders als die E.L.O.-Scheiben früherer Zeiten. Jeff Lynne verweigert sich auf Zoom jeglicher Anpassung an den modischen Zeitgeist; Kompositionen wie It really doesnt matter oder Lonesome Lullaby lassen gar den Verdacht aufkommen, Lynne habe bereits zu E.L.O.-Hochzeiten aufgenommene Lieder zusammengestellt, um sie nun als brandneu zu verkaufen. Doch weit gefehlt: Die letzten zwei Jahre hat Lynne die 13 Songs des Albums in seinem Homestudio aufgenommen, die Akustikgitarre, so sagt uns das Presseinfo, sogar im Badezimmer, um dort mit dem Hall zu experimentieren. So ist Zoom nahezu ein Jeff-Lynne-Soloalbum unter dem marktträchtigen Namen seiner früheren Band. Für Haupt- wie Chorgesänge, führende wie Rhythmusgitarre, Baß, Piano und diverse Keyboards zeichnet Lynne selbst verantwortlich. Gaststars wie die kanadische Sängerin Rosie Vela oder die Ex-Beatles Ringo Starr und George Harrison verleihen den durchweg von Lynne komponierten Kleinoden nur den letzten Schliff. Natürlich lud Lynne auch Streicher zu den Aufnahmen ein, um den E.L.O.-Bombastsound von früher 2001 erneut auf die Beine zu stellen. Aber hier wurde deutlich abgespeckt; Lynne beschränkte sich auf kleine Streicher-Quartette und Violinenensembles. Natürlich bleibt Lynne seinem Stil treu. Zoom enthält klassischen Rock und klassischen Pop, mal eher gediegen-romantisch (Moments in Paradise, Just for Love), mal gitarrenlastig-rockig (State of mind, Melting in the Sun). Dazu gibt es einen Slow-Blues im Stile der fünfziger Jahre (In my own Time), Boogie Woogie (Easy Money - mit Ringo Starr am Schlagzeug), Großstadt-Balladen (Ordinary Dream) und krachenden RhythmnBlues (All she wanted; hier steuert George Harrison die Slide-Gitarre bei). Trotz dieser Stilvielfalt, die Lynne zu seinen erfolgreichsten Zeiten (aus kommerziellen Gründen?) sicher nie in den Sinn gekommen wäre, verläßt er sich ganz auf sein Melodiegefühl und seine spezielle Ausrichtung von Arrangements, ohne in irgendeiner Form altbacken und gestrig zu klingen. Zoom ist das würdige Alterswerk eines reifen Musikers. |