© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/01 14. September 2001


Wahlverweigerer
von Christian Vollradt

Fast die Hälfte der Wahlberechtigten hat bei den niedersächsischen Kommunalwahlen letzten Sonntag mit den Füßen abgestimmt: Sie blieb den Urnen fern. Abertausende von Hochglanzbroschüren, Luftballons, Kugelschreibern und Gummibärchen, die von den Parteien unters Volk geworfen worden waren, konnten jene offensichtlich nicht ausreichend motivieren. Es ist stark in Zweifel zu ziehen, daß dies nur an dem schlechten Wetter des Wochenendes gelegen haben kann. Statt Krokodilstränen darüber zu vergießen, sollten sich die Politiker vielleicht überlegen, daß die geringe Beteiligung nicht trotz, sondern gerade wegen der unmittelbaren Betroffenheit der Bürger durch die Kommunalpolitik zustande kommt: Warum soll an Parlamente delegiert werden, was jeder Wähler auch selbst in direkter Demokratie kompetent entscheiden könnte? Oder sind die Einwohner gar völlig zufrieden mit der Politik?

Die Christdemokraten gerieren sich landesweit als Sieger, obwohl sie absolut gesehen Stimmen verloren hat. Daß sie prozentual vor den Sozialdemokraten führt, nimmt nicht wunder. Im Flächenland Niedersachsen spielt der ländliche Raum („Ochs und Kuh wählt CDU!“) eine große Rolle, hinzu kommen die katholischen Enklaven mit ihren schwarzen Mehrheiten jenseits der 70-Prozentmarke. Wären die Parteien ehrlich, müßten sie angesichts einer Wahlbeteiligung von nur etwas über 50 Prozent ihre stolz verkündeten Stimmenanteile halbieren. Das käme ihrer tatsächlichen Akzeptanz im Volk bedeutend näher.


 
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