© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    38/01 14. September 2001

 
„Direkt ins Paradies“
Der Orientalist Hans-Peter Raddatz über islamischen Fundamentalismus
Lennart Lopin

Die Terroranschläge in den USA erschüttern. Können islamische Fundamentalisten zu solch einer grausamen Tat, die Tausenden unschuldiger Menschen das Leben kostet, fähig sein?

Raddatz: Diese Frage muß man uneingeschränkt bejahen, da islamische Märtyrer unmittelbaren und garantierten Zugang zum Paradies erfahren. Gerade aus der fundamentalistischen Sicht, aus der unverfälschten, reinen Sicht ist dieser Zugang auch äußerst erwünscht.

Rechtfertigt der Islam ein solches Vorgehen?

Raddatz: Der Islam im Sinne des Koran rechtfertigt ein solches aus purer Gewalt bestehendes Vorgehen nicht direkt. Was er allerdings rechtfertigt, ist das Vorgehen des Islam gegen Ungläubige. Eine besondere Rechtfertigung von Gewalt besteht bei der Verhinderung des Islam. Überall da, wo der Islam behindert wird, ist der Moslem nicht nur berechtigt, sondern verpflichtet, Gewalt zur Durchsetzung der Interessen des Islam einzusetzen. Die Behinderung des Islam besteht vor allem dann, wenn säkulare Gesetze gefordert werden, die auch Menschenrechte einschließen, wie zum Beispiel die Gleichberechtigung der Frau. Die Gleichberechtigung der Frau ist eine Idee, die für den Islam vollkommen inakzeptabel und existentiell bedrohlich ist.

Könnten Sie sich einen islamischen Fundamentalismus ohne Gewalt vorstellen?

Raddatz: Nein. Gewalt ist ein integrales Element der Weltgestaltung aus islamischer Sicht.

Das sieht der Koran auch so?

Raddatz: Insbesondere der Koran. Sie finden über 200 Stellen, in denen der Koran zur Verachtung und Gewalt gegenüber Ungläubigen, nicht zuletzt auch Juden und Christen, aufruft.

 

Dr. Hans-Peter Raddatz, 58, ist promovierter Orientalist und Volkswirt. Er ist Mitautor der „Enzyklopädie des Islam“ und Verfasser des Buches „Von Gott zu Allah?“, das kürzlich im Herbig Verlag, München, erschienen ist.

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