© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    39/01 21. September 2001

 
Leserbriefe

Zu den Terroranschlägen in New York und Washington

Geheimdienste haben versagt

Wie konnte es sein, daß da eine Terrorgruppe minutiös Flugzeugentführungen plant. Abstürze inszeniert, dabei mehr als 200 Menschen in den Flugzeugen kaltblütig mit in den Tod reißt und beweist, daß für diese Attentäter ein Menschenleben überhaupt nichts zählt? Wie konnte es sein, daß die Täter bewaffnet vier Maschinen enterten? Wo waren die Abschirmdienste, Geheim- und Überwachungsdienste? Wozu fanatische islamische Fundamentalisten fähig sind, führt man der Welt bereits seit Monaten vor. Doch immer wieder wurde der Mantel des Vergessens darüber gebreitet.

Ein solches Szenario, wie wir es am 11. September erlebt haben, bedarf einer genauen Strategie, wochenlanger Planung, Überwachung der Objekte - kurz eine Planung, die sich nicht in fünf Minuten machen läßt. Es müssen Menschen zum Fanatismus getrieben werden, daß es ihnen nichts ausmacht, das eigene Leben zu riskieren. Sie müssen dazu gebracht werden zu glauben, daß sie nun als Helden in die andere Welt eintreten. Das alles konnte sich im Verborgenen abspielen, ohne daß auch nur ein einziger Geheimdienst davon Kenntnis erhielt?

Monika Ewert, Aschaffenburg

 

 

Die Warnung begreifen

Jeder denkende und fühlende Mensch teilt das Entsetzen über die verbrecherischen Anschläge in New York und Washington. Doch wie reagiert die Welt darauf? Mit Selbstmitleid, Angst und Racheschwüren. Selbst die Kirchenmänner, die Pfarrer Fliege in seiner Nachmittagssendung um sich versammelte, sprachen einzig von Trauer und Verzweiflung und möglichem „Trost“ für die Opfer und ihre Hinterbliebenen.

Mir fehlt jeglicher Hinweis auf den ethisch-moralischen Aspekt der Katastrophe. Wie beim Turmbau zu Babel, den die Menschen aus Überheblichkeit „bis zur Höhe des Himmels“ errichten wollten (Moses 1, 11), stürzten die Türme, die Symbole unseres ungezügelten Fortschrittglaubens. Versteht denn niemand die Warnung?

Inge Dillenburger, Ludwigsburg

 

 

Sozial-liberale Medienkontrolle

„Gewalt und Ausschreitungen sind die Sprache der Ungehörten“ (Martin Luther King). Die Ohnmacht der Andersdenkenden aufgrund einseitiger Berichterstattung und sozial-liberaler Medienkontrolle in der Welt hinterläßt Gewalt als einzige Form der „Kommunikation“. Frieden in der Zukunft wird nicht durch Vergeltungsschläge und weitere Manipulation, sondern durch Objektivität und Selbstbestimmung der Völker erreicht.

Kurt Willrich, per E-mail

 

 

Keine Terrorismusdoktrin

George Bush hat verkündet, diese Ereignisse bedeuten Krieg. Die Äußerungen richten sich an die Nato-Verbündeten.

Nun kann dies nicht sein ! Der Terrorakt begründet keinen Krieg, denn er ist (kriegs-)völkerrechtlich keine bewaffnete Auseinandersetzung zwischen rechtmäßigen Kombattanten. Die Nato-Kooperation kann allenfalls eine moralische sein.

Es gibt innerhalb der Nato keine Doktrin für diese neue Qualität des Terrorismus; der Terrorakt hat zwar die Dimension einer kriegerischen Auseinandersetzung, ist aber nach wie vor ein Terrorangriff.

Die Nato hat eine Doktrin, die den „Kampf der Kulturen“ erfaßt, noch zu formulieren. Bislang hat sich die Nato dem verweigert. 

Wolfgang Raker per E-mail

 

Menschen zweiter Klasse?

Nach dem jüngsten Kriegsterror der Nato gegen Serbien benannten Politik und Medien die zigtausenden, hauptsächlich durch Splitterbomben ermordeten zivilen Opfer in den Städten - Kinder, Frauen und Greise - zynisch als „Kollateralschäden“. Wo waren denn in diesem Fall die Proteste, die Trauermärsche, Lichterketten, Schweigeminuten, öffentlichen Solidaritätsbekundungen, das Kirchenglockengeläut gegen diese „humanitäre Mission“ im Namen der neuen Weltordnung? Sind Serben, Iraker etc. Menschen zweiter oder dritter Klasse oder sogar gar keine Menschen?

Söhnke Kleiner, Garbsen

 

 

Unverzeihliche Gotteslästerung

Dieser Terrorangriff auf die USA war das Werk einer weltweit verzweigten Verbrecherorganisation, die versucht, unter dem Deckmantel eines militanten Islam, die freiheitlichen Demokratien und Kulturen zu zerstören, um einen diktatorischen sogenannten Gottesstaat zu errichten. Die Rechtfertigung dieses bestialischen Verbrechens durch Berufung auf Gott, der ja die wahre Liebe ist, stellt eine unverzeihliche Gotteslästerung dar und ist Ausdruck des Bösen in dieser Welt. Gegen diese Macht des Bösen, die sich gegen die gesamte Menschheit richtet, muß die Welt zusammenstehen und die Verursacher und ihre geistigen Väter für immer unschädlich machen.

Herbert Gaiser, München

 

 

Zum Pro&Contra: „Soll Rudolf Scharping zurücktreten?“, JF 37/01

Geradezu prädestiniert

In einem Land, in dem man ungestraft sagen darf, daß Soldaten Mörder seine; sich mit Ausstellungen in öffentlichen Gebäuden über die ehemaligen Angehörigen und gefallenen Soldaten der Deutschen Wehrmacht hermachen darf, und uns Bürgern das Auffinden von Massengräbern mit deutschen Soldaten - wie jetzt in Jugoslawien, die dort nach Kriegsende 1945 von kommunistischen Tito-Partisanen grausamst umgebracht wurden - vorsätzlich verschweigt, verlangt es geradezu nach einem Verteidigungsminister dieser Provenienz.

Hans-Dieter Koch, Wenningstedt/Sylt

 

Zu: „Das Ziel heißt immer noch Groß-Albanien“ von Michael Wiesberg, JF 37/01

Englische Verblendung

Keine orthodoxe Kumpanei, kein US-Imperialismus, keine Eurokraten-Hybris hätten je den Balkan nach der Implosion des Serben-Größenwahns aufs Neue so ins Chaos stürzen können wie die bösartige ewiggestrige englische Verblendung, die bereits zwei schauerliche Weltvernichtungskriege bewirkt hat. England hat auch jetzt noch immer eine irrsinnige Sicht der Dinge auf dem Balkan: „Deutschland muß gestoppt werden!“

Trotz Entstehung der Supermächte, trotz völliger Veränderung der Welt durch Ideologien und Technologien sehen sie nur eines vor Augen: ihr gegen Deutschland installiertes Werk, das trotz aller Bestialitäten der Serben immer von ihnen gehätschelte Jugoslawien ist zerfallen, und die potentiell deutschfreundlichen unterdrückten Völkerschaften gewinnen Eigenmacht. Da muß der intrigante, mit perfekter englischer Heuchelei getarnte diplomatische Hobel überall angesetzt werden, um all diesen Staatenbildungen Abbruch zu tun, allen voran den militärisch potenten Kroaten und Albanien.

Claus Eberhardt, Wiesbaden

 

 

Zu: „Pfarrer Lepsius und die Armenier“ von Dieter Stein, JF 37/01

Jede Einmischung verbeten

Die Dokumentensammlungen und Tatsachenberichte von Johannes Lepsius über die Verfolgung der Armenier liest man noch heute mit Erschütterung, zugleich auch mit Bewunderung für diesen aufrechten Mann (z.B. „Der Todesgang des armenischen Volkes“, 4. Auflage 1930). Leider konnten weder seine Bemühungen noch die des offiziellen Deutschlands damals allzuviel bewirken, denn der türkische Staat bezeichnete die Vorgänge als innere Angelegenheit und verbat sich jede Einmischung. Pfarrer Lepsius hat den bedrängten Armeniern helfen und niemanden anderem schaden wollen. Sein Andenken darf also, nein es muß geehrt werden. Schön ist es, daß seine Heimatstadt Potsdam sich zu dieser vornehmen Pflicht bekennt. Falls von den derzeitigen Regierungen keine Unterstützung kommt, sollte die Lücke durch Spenden geschlossen werden. Bitte berichten Sie weiter darüber.

Prof. Dr. Bernhard Forssman, Erlangen

 

Objektive Forschung notwendig

Der Artikel „Pfarrer Lepsius und die Armenier“ hat mich empört und beunruhigt. Ist bereits Deutschland nicht mehr Herr im eigenen Hause? Die heftige Reaktion der Türken zeigt ja gerade, wo sie kitzelig sind und daß sie etwas zu verbergen haben. Auch bei uns in der Schweiz hat der Außenminister kürzlich nicht gewagt, ein Genozid Genozid zu nennen. Da haben die Franzosen mehr Zivilcourage gezeigt.

Mein Vater, Dr. Eduard Graeter, war zu Beginn des Ersten Weltkrieges Gymnasiallehrer an der Deutschen Schule in Aleppo, das damals noch zur Türkei gehörte, und hat mit eigenen Augen den Völkermord erlebt: Er sah die Leichen den Euphrat hinuntertreiben, und er konnte nicht mehr richtig Schule halten wegen des Gestanks von verwesenden Leichen, die auf Karren im Hof neben der Schule aufgestapelt waren. Einer seiner Schüler, ein Armenier, wurde umgebracht. Armenische Dörfer, die er von seinen Ausritten her kannte, fand er ausgestorben. Er konnte nicht mehr länger die Werte der abendländischen Kultur vertreten angesichts dieses Massakers. Er und sein Freund, der Deutsche Dr. Martin Niepage, reisten in ihre Heimatländer zurück, um die Welt darüber zu informieren. Niepage bekam jedoch Redeverbot vom Kaiser (Deutschland stand damals im Kriegsbündnis mit der Türkei).

Der beste Beweis dafür, daß die heutigen Türken zu solchen Greueltaten nicht (bzw. nicht mehr) fähig sind, wäre eben das Zulassen einer öffentlichen Diskussion und von objektiver Forschung über dieses Thema. 

Dr. Paul Graeter, Seeberg / Schweiz

 

Zu: „Zurück zum Sklavenstaat“ von Bernd-Thomas Ramb, JF 37/01

Einseitige Männertöne

Wir lesen die JF deshalb so gern, weil sie den Mut hat, in der gleichgeschalteten deutschen Presse unsere Meinungen zur Sprache zu bringen. Aber immer wieder stößt uns auch ab, wie in der JF mit Frauenthemen umgegangen wird.

In seiner Kurzstudie als Randartikel zum Thema Wirtschaft weist Herr Ramb indigniert auf die 134.609 registrierten Schwangerschafsunterbrechungen im Jahre 2000 hin. Ein Vorwurf natürlich an die gebärunwilligen Frauen unseres Volkes. Will er wieder jeden Abortus zur Staatsanwaltsache machen? Eindeutig sollen Frauen wieder zum Gebären und Aufziehen gezwungen werden. Es müßte dann logischerweise auch das Verhüten wieder strafbar gemacht werden, denn dessen volkswirtschaftlicher Schaden ist ja noch viel gewaltiger, ein unermeßlicher Geburtenausfall und Billionen und Trillionen getöteter Spermien. Wir fragen uns, wie eine für Zivilisation sprechende Zeitung wie die JF solche Männertöne verbreiten kann.

Brigitte Scholz und Reiner Schlechtriemen, Frankfurt/Main

 

 

Zu: „Neubewertung der Vergangenheit“ von Michael Wiesberg, JF 37/01

Praktiken zur Nachahmung

777 Billionen Dollar wollen die Kolonialvölker für die erlittenen Schäden einklagen. Das ist eine unvorstellbare Summe.

Vielleicht könnte Deutschland, das im Namen des Holocausts Milliarden zahlt und mit immer neuen Forderungen überzogen wird, Vermittler sein. Wir wissen, welche Praktiken zur Nachahmung einladen. Wir haben in Sachen kolonialer Ausbeutung noch eine relativ weiße Weste, wir könnten Europas Interessen vertreten und besitzen vielleicht im Wust der Forderungen und Anklage genügend Detailwissen, um diese Anklage abzuschwächen und in Einzelteile zu zerlegen.

Wilhelm Lehbrink, Vogt

 

 

Zu: : „Bürgerliche Sehnsucht nach der Transzendenz“ von Wolfgang Saur, JF 37/01

Gute Zukunftsaussichten

Mit Freude und Aufmerksamkeit las ich den Artikel über die Jugendbewegung. Es ist schön , daß auch mal in Zeitungen, die nicht der Szene angehören, über die Jugendbewegung - wenn auch nur im historischen Kontext - berichtet wird. Ich widerspreche dem Verfasser jedoch , wenn er der Jugendbewegung rein historische Bedeutung zuordnet. Nach dem Zweiten Weltkrieg sind viele der alten Bünde und unzählige neue wiedergegründet worden. Teilweise haben sie während des Dritten Reiches nie wirklich aufgehört zu existieren und tun das, wie der Nerother Wandervogel, auch heute noch. Schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde die Jugendbewegung nach dem Krieg zum einen durch finanzielle staatliche Domestizierung, zum anderen auch durch die Studentenbewegung der Achtundsechziger. Klar ist, daß sie nicht mehr die Massen bewegt, aber auch heute noch gibt es viele Jungen, die vom Bannkreis des Feuers begeistert, voller Fernweh und Abenteuerlust aufbrechen, die Welt zu erkunden...

Hierin liegt auch die Chance begründet. In unserer individualistischen, wert(e)-losen Welt, die sich immer schneller um sich selbst dreht, bis sie sich schließlich selbst in Grund und Boden bohrt, kann die Rückbesinnung auf die Jugendbewegung bereits die Avantgarde eines neuen Wertewandels darstellen. So hoffe ich, daß in der JF öfter über die Jugendbewegung berichtet wird.

Roland Biernacki , per e-mail

 

 

Zu: „Die Tragödie unserer Nation“ von Christian Vollradt, JF 30/01

Gelungene Umerziehung

Die eigentliche Tragödie unserer Nation ist zweifellos die perfekt gelungene Umerziehung unserer Nachgeborenen im Sinne der Diktion eines Walter Lippmann: Erst wenn die Kriegspropaganda der Sieger Eingang in die Geschichtsbücher der Besiegten gefunden hat und von der nachfolgenden Generation geglaubt wird, kann die Umerziehung wirklich als gelungen angesehen werden.

Und würde nicht immer wieder verdrängt, was der langjährige Präsident des Bundestages, Dr. Eugen Gerstenmaier, ausführte - „Was wir während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: daß dieser Krieg eben nicht nur gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde“ -, könnte die Nation am 20. Juli wie auch am 8. Mai durchaus vereint in Trauer und Ehrfurcht ihrer Opfer gedenken, wie dies im übrigen in aller Welt geschieht.

Johannes Störmer, Reutlingen


 
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