© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/01 28. September 2001

 
PRO&CONTRA
Soll die Schill-Partei bundesweit antreten?
Heinrich Lummer / Hartmut Koschyk

Die Auffassung, rechts von der CDU dürfe es keine legitimierte Partei geben, ist falsch. Sie war schon lange falsch. Allenfalls die CSU kann sich einen solchen Satz erlauben, weil sie nicht nur nach der vermeintlichen Mitte strebt. Das Thema „Innere Sicherheit“ ist immer wieder von allen anderen Parteien unterschätzt worden. Man wollte es Stammtischen und Rechtspopulisten überlassen und vom Wähler fernhalten. Das war ein Fehler.

Schill hat diese für viele wichtigen Themen in den Wahlkampf gebracht - und in Hamburg Erfolg gehabt. Gewiß, Hamburg hat zwei Besonderheiten: Einmal gab es dort eine besondere Laxheit des SPD-geführten Senats gegenüber der Kriminalität. Zum anderen war die SPD 40 Jahre an der Macht und ebenso selbstsicher wie verschlissen geworden. Und doch werden die Themen der inneren Sicherheit auch andernorts ihre Relevanz zeigen. Deshalb hat Schill gute Aussichten, auch außerhalb Hamburgs Erfolg zu haben. Und das wäre gut so, weil die Wachsamkeit gegenüber dem Terrorismus als Preis der Freiheit in diesem unserem Lande zu wünschen übrigläßt. Zumindest kann er die anderen auf Trab bringen. Die CDU sollte erkennen, daß der jetzt mögliche Wechsel in Hamburg ohne Schill nicht möglich geworden wäre. Sicher hätten ohne ihn die CDU und die FDP mehr Stimmen erhalten - aber auch die SPD. Auch wer den Wechsel weg von Wowereit in Berlin will, wäre mit einer Partei rechts von der CDU gut bedient. Es wäre wünschenswert gewesen, wenn Schill in Berlin angetreten wäre. Dann stünde es um die Chancen, die PDS zu verhindern und Rot-Grün wieder wegzubekommen, besser.

Allerdings wäre der Weg Schills von der Hamburger Lokalpartei über andere Länder auf die Bundesebene kein leichter Weg. Erfolgreich könnte er ihn nur gehen, wenn es ihm gelingt, qualifizierte Mitstreiter und eine solide Organisationsstruktur zu finden. Der jetzigen Parteienstruktur täte eine Veränderung gut.

 

Heinrich Lummer, Ex-Innensenator und Bürgermeister von Berlin, war danach bis 1998 Bundestagsabgeordneter der CDU.

 

 

Das Hamburger Wahlergebnis stellt eine herbe Niederlage für den rot-grünen Senat dar. Die Wähler wollten eine andere Stadt-Regierung. Der CDU ist es aber nicht gelungen, die Unzufriedenheit mit der rot-grünen Regierung für sich zu nutzen. Der Erfolg der Schill-Partei stellt somit auch eine Aufforderung an die (Hamburger) CDU dar, über eigene programmatische und sonstige Defizite nachzudenken. Es gilt nun, den Wahlsieger Schill in die Pflicht der Verantwortung zu nehmen. Er und seine Bürgerschaftsfraktion müssen beweisen, daß ein weitgehend auf die innere Sicherheit konzentriertes Wahlprogramm eine gute Grundlage für eine starke Regierungsmitverantwortung ist. Gelingt ihm dies nicht, wird seine Partei ebenso schnell wieder in der Versenkung verschwinden wie vor ihr die Statt-Partei in Hamburg. Kann die Schill-Partei sich dort behaupten, läßt sich der Erfolg nicht einfach auf das gesamte Bundesgebiet übertragen. Ihr Erfolg ist zumindest zum Teil ein Stadtstaatenphänomen. Die Drogenszene am Hauptbahnhof stellt in Hamburg nicht nur ein kommunales, sondern auch ein landespolitisches Thema dar. In München oder Frankfurt wäre Schill auf die Ebene der Kommunalpolitik begrenzt geblieben.

Es ist an der Union, das Thema innere Sicherheit glaubhaft zu besetzen. Dazu braucht es mehr als Ankündigungen, nämlich entschiedenes Handeln vor allem dort, wo die Union in Regierungsverantwortung steht. Für die Bürger muß die Union aber grundsätzlich als Garant für der Inneren Sicherheit erkennbar sein. Den Zusammenhang zwischen Innerer und Äußerer Sicherheit und weiterer Zuwanderung nach Deutschland muß die Union dabei besonders beachten. In Hamburg schaffte die Schill-Partei die Vorraussetzung, damit die Union mit ihr und der FDP eine bürgerliche Regierung bilden kann. Die Union hat es selbst in der Hand, bei der Bundestagswahl 2002 die Schill-Partei überflüssig zu machen. 

 

Hartmut Koschyk ist CSU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Innenausschuß des Parlaments.


 
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