© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    40/01 28. September 2001

 
CD: Jazz
Abwechslung
Michael Wiesberg

Bereits drei Alben hat der in Bologna geborene Italiener Franco Morone für den in Osnabrück ansässigen Musikverlag Acoustic Music Records eingespielt. Nun hat er mit „Running Home“ ein neues Album vorgelegt, das aus neun Eigenkompositionen und drei Arrangements besteht. Wieder besticht die filigrane Leichtigkeit, mit der Morone seine Stahlsaitengitarre beherrscht.

Sein neues Album unterstreicht, daß er in erster Linie ein Fingerpicking-Spieler ist. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, daß er sich bei dem Stück „Wind Catcher“ erfolgreich als Flatstyle-Player versucht. „Running Home“ ist ein weiteres Beispiel für Morones individuelles, perkussives Spiel. Auch die folkig-irischen und bluesig-amerikanischen Einflüsse auf Morones Kompositionen sind wieder herauszuhören. Eine Hommage an Abdullah Ibrahim stellt Morones Stück „The Wedding“ dar. Ein traditionelles italienisches Stück („Serenata“) und ein Stück von Andy Statman („Andy’s Waltz“) bilden die beiden anderen Arrangements auf dieser Platte. Insgesamt ist Morone ein abwechslungsreiches und farbiges Album gelungen, das bei Freunden der Gitarrenmusik mit Sicherheit viele Hörer finden wird.

Der 1948 in Treysa (Hessen) geborene Herbert Henck erhielt seine pianistische Ausbildung am Mannheimer Konservatorium, an der Musikhochschule Stuttgart und zuletzt an der Kölner Musikhochschule bei Aloys Kontarsky und Wilhelm Hecker. In Konzerten spielt er fast ausschließlich Musik der Moderne, über die er auch zahlreiche Schriften veröffentlicht hat. Henck nahm bisher an die fünfzig Schallplatten auf, darunter Klavierwerke von George Antheil. Seit 1984 hat Henck fünf Platten mit Klavierimprovisationen veröffentlicht; weitere sind in Vorbereitung.

Bei dem Münchner Musikverlag ECM Records ist jetzt eine weitere Einspielung von Henck mit dem Titel „Piano Music“ (ECM 1726) erschienen. Zu hören ist Klaviermusik der modernen Komponisten George Antheil (1900-1959) und Conlon Nancarrow (1912-1997). Nancarrow, aus dessen Werk Henck die Stücke „Three 2-part-Studies“, „Prelude“ und „Blues“ eingespielt hat, ist einer größeren Öffentlichkeit erst in den achtziger Jahren bekannt geworden, als ein US-Musikverlag vier Schallplatten von ihm veröffentlichte. Die Reaktion auf dessen Kompositionen, die sich von der bis dato bekannten Neuen Musik klar unterschieden, war außerordentlich.

Nancarrows Musik besticht durch ihren starken rhythmischen Impuls, ihren Bezug zum Jazz und zur spanischen Folklore. Klarheit des Aufbaus und Formstrenge, besonders bei den zahlreichen kanonischen Stimmführungen, sind weitere Charakteristika seines musikalischen Schaffens. Die von Henck interpretierten frühen Arbeiten sind durch ein hohes Maß an rhythmischen Ansprüchen gekennzeichnet, die für jeden Pianisten eine Herausforderung darstellen. Henck hat diese Herausforderung meisterlich bewältigt.

George Antheil, dessen musikalisches Werk bei seinen Zeitgenossen mitunter Anstoß erregte, fühlte sich sein Leben lang immer wieder zu Maschinen hingezogen, die er in mehreren Werken thematisierte und die auch auf dem hier anzuzeigenden Werk zu hören sind. Antheil war es, der das Thema Musik und Maschine am radikalsten aufnahm und damit alle Strömungen der zwanziger Jahre übertrumpfte, die sich dieses Themas bedienten. Antheil begeisterte sich insbesondere für das elektrische Klavier (Pianola). Auf diesem Klavier komponierte er auch (so sehen es eine Reihe von Kritikern) sein Hauptwerk „Ballet Mécanique“. Neben der Welt der Maschinen gewann der Jazz früh Einfluß auf Antheils Werk. Auch hierfür finden sich Beispiele auf dem so interessanten wie spannenden Album von Henck.


 
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