© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/01 05. Oktober 2001

 
Warten auf Schill
von Hans-Peter Rissmann

Laut jüngsten Meinungsumfragen könnte sich fast jeder vierte Deutsche vorstellen, die in Hamburg mit 19,4 Prozent glanzvoll aus dem Nichts gestartete Schill-Partei zu wählen. Die Leute wissen kaum, wer Schill, überhaupt nicht, was seine Partei wirklich ist. Dennoch sehen sie, wofür Schill eine Chiffre ist: den nicht besetzten Platz im deutschen Parteiensystem. Es fehlt eine pointiert rechtskonservative Partei als Ergänzung der in die beliebige Mitte sozialdemokratisierte CDU. Die nächsten Wochen und Monate werden zeigen, ob die Hoffnungen, die mit der Schill-Partei auf eine bundesweite Ergänzung des linkslastigen Parteienspektrums verbunden sind, erfüllt oder enttäuscht werden. So hoch die Erwartungen in den Politneuling sind, so schwer lasten die organisatorischen und personellen Schwächen auf diesem Parteiprojekt, das durch Überhitzung gefährdet ist.

Viele hoffen auf eine bundesweite Schill-Partei. Schon stehen aber auch politische Abenteurer und Hasardeure bundesweit Schlange, um auf Schills Dampfer anzuheuern. Seine Partei hat so viele offene Flanken, daß es kaum möglich sein wird, keine politischen Angriffsflächen zu bieten. Eine schnelle bundesweite Ausdehnung wäre deshalb womöglich sogar eine Gefahr. Daneben muß Schill professionell Koalitionsverhandlungen gegen eine CDU durchstehen, die versuchen wird, aus dem „Richter Gnadenlos“ einen „Richter Zahnlos“ zu machen und im Laufe der kommenden Legislaturperiode dessen Wählerreservoir aufzusaugen und sich wieder einzuverleiben.


 
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