© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    41/01 05. Oktober 2001

 
Frisch gepreßt

Vertriebene. Der Jenaer Historiker Bernhard Fisch, ein gebürtiger Ostpreuße, hat sich seit langem auf die „Oligarchie der Funktionäre“ in den Vertriebenenverbänden eingeschossen. Vieles an seiner Kritik ist durchaus diskutabel, nur trifft man leider auch bei ihm auf die geistige Enge, die er seinen Gegnern nicht zu Unrecht attestiert. Denn allzu sklavisch, bis in die Wortwahl („Monopolkapital“) hinein, bleibt er den „antifaschistischen“ Simplifizierungen verhaftet, mit deren Hilfe man zu DDR-Zeiten die deutsche Geschichte für den politischen Tagesgebrauch zurechtstutzte („’Wir brauchen einen langen Atem‘. Die deutschen Vertriebenen 1990-1999. Eine Innenansicht“, Verlag Neue Literatur, Jena - Plauen - Quedlinburg 2001, 219 Seiten, 29,90 Mark).

Carl Schmitt. Die Überzeugung, daß der Staatsrechtslehrer Carl Schmitt ein „Totengräber“ der Weimarer Republik war, gehört heute zu jenem quasi nicht verhandelbaren Teil des zeithistorischen Wissens, der nachgerade staatstragend genannt werden darf. Ob daher Gabriel Seiberths mikrohistorische, den Weg des im Krisenjahr 1932 als „Kanzlerberater“ agierenden Schmitt anhand unbekannten Quellenmaterials aus dem Nachlaß rekonstruierende Untersuchung dieser Doktrin den wohlverdienten Garaus macht, darf angesichts der eingeschränkten Wahrnehmungs- und Lernfähigkeit unserer „gebildeten Stände“ stark bezweifelt werden („Anwalt des Reiches. Carl Schmitt und der Prozeß ’Preußen contra Reich‘ vor dem Staatsgerichtshof“, Duncker&Humblot, Berlin 2001, 318 Seiten, Abbildungen, 68 Mark).

Faschismus.Vor sechs Jahren hat der an der Universität von Wisconsin lehrende Historiker Stanley G. Payne, der vor allem mit einigen Veröffentlichungen über Francos Spanien bekannt geworden ist, eine den Zeitraum von 1914 bis 1945 umfassende Geschichte des „Faschismus“ präsentiert, die im Vergleich mit der von ihm sogenannten „metapolitischen“ Interpretation des Berliner Historikers Ernst Nolte konventionell wirkt. Trotzdem bietet Payne, dessen Opus jetzt in deutscher Übersetzung vorliegt, einen soliden und materialreichen Einstieg in das Epochenthema („Geschichte des Faschismus. Aufstieg und Fall einer europäischen Bewegung“, Propyläen, Berlin 2001, 800 Seiten, 76,28 Mark).


 
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