© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/01 12. Oktober 2001

 
Frisch gepreßt

Deutschbalten. 1995 wurde in der Studienbuchreihe der Stiftung Ostdeutscher Kulturrat ein Band über die Deutschbalten veröffentlicht. Nun ist eine Zweitauflage über diese Minderheit erschienen, die sich sowohl in sozialer Stellung als auch im Vertreibungsschicksal deutlich von anderen Deutschen in Osteuropa unterschieden. Der neue Teil IV betrachtet aus estnischer bzw. lettischer Sicht den Verlust, den die früher geschmähte deutsche Minderheit für die Baltenrepubliken darstellt. Vor allem die nun verlorene kulturelle Brückenfunktion nach Mitteleuropa wird dabei von dem Esten Sirje Kivimäe als auch von dem Letten Janis Stradins hervorgehoben (Wilfried Schlau: Die Deutschbalten, Langen Müller, München 2001, 175 Seiten, 39,90 Mark).

Masuren. Es ist richtig: Nach 1945 waren die ostpreußischen Vertriebenen kulturpolitisch bemüht, ihre Heimat als „rein“ deutsche Provinz zu präsentieren. Neuerdings strengt sich eine jüngere Forschergeneration im Gegenzug an, die „Multikulturalität“ des „Landes der dunklen Wälder“ hervorzukehren. So auch Andreas Kossert, dessen Werk über Masuren nun freilich in die andere, mitunter peinlich polonophile Richtung übertreibt (Masuren. Ostpreußens vergessener Süden, Siedler-Verlag, Berlin 2001, 432 Seiten, 56 Mark).

Bonner Ostpolitik. Zweierlei springt in der verdienstvollen, minutiösen Biographie des Diplomaten Albrecht von Kessel, die Harald Vocke vorlegt, sofort ins Auge: Wie relativ langweilig und banal sich der Bonner Anteil an der „großen Politik“ während des Kalten Krieges ausnimmt und wie selbst ein origineller Kopf wie von Kessel von dieser Banalität verschlungen wird. Der Werdegang des schlesischen Adeligen, der tief in den 20. Juli 1944 verstrickt war, gewinnt daher auch dort kaum Kontur, wo Vocke ihn als frühen Exponenten der „Entspannungspolitik“ porträtiert, der trotz des Desinteresses im AA die durchaus vorhandene Bereitschaft Polens zu Konzessionen in der „Grenzfrage“ auslotete (Albrecht von Kessel. Als Diplomat für Versöhnung mit Osteuropa, Herder Verlag, Freiburg 2001, 372 Seiten, Abbildungen, 69 Mark).


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen