© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    42/01 12. Oktober 2001


Meldungen

Nobelpreis geht an deutschen Physiker

STOCKHOLM. Der deutsche Physiker Wolfgang Ketterle sowie die beiden US-Forscher Eric Cornell und Carl Wieman erhalten in diesem Jahr den Physik-Nobelpreis. Die Wissenschaftler werden für die Erschaffung eines neuen Materiezustands geehrt. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm mit. Dieses sogenannte Bose-Einstein-Kondensat ist neben fest, flüssig, gasförmig und dem Plasma die fünfte Erscheinungsform der Materie. Die Experimente Ketterles könnten zudem als erster Schritt zu einem Atomlaser angesehen werden. Der am 21. Oktober 1957 in Heidelberg geborene Ketterle folgte vor elf Jahren einem Ruf an das renommierte Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (USA). Damit geht im vierten Jahr in Folge ein wissenschaftlicher Nobelpreis an einen gebürtigen Deutschen, der in den USA forscht. Ketterle lebt mit seiner Frau Johanna und drei Kindern in Brookline im US-Staat Massachusetts. Für die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) ist der vierte Nobelpreis in Folge an gebürtige Deutsche, die in den USA forschen, kein Hinweis auf Defizite in der deutschen Forschungspolitik. Der Umzug Ketterles sei in einem üblichen Alter erfolgt. Ein späteres Angebot auf einen Direktorenposten bei einem Max-Planck-Institut hatte Ketterle abgelehnt.

 

Geschichte im Spiegel des Verfassungsschutzes

FRANKFURT/M. Die deutsch-jüdische Geschichte der letzten 800 Jahre ist seit geraumer Zeit ein geisteswissenschaftliches Modethema. Der dabei oft im Vordergrund stehende deutsche „Antisemitismus“ kann in gelehrten, um die Vergegenwärtigung der ganzen Komplexität der Beziehungen bemühten Studien analysiert werden. Die jüngst in Julius H. Schoeps‘ Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte (H. 3/00) publizierte Untersuchung von Peggy Cosmann über den „geistlichen Antisemitismus“ ist dafür ein Beispiel. Ebenso Hans-Joachim Beckers Monographie über Fichtes Stellung zum Judentum, die mit der Mär von der „Judenfeindschaft“ des Philosophen aufräumt. Den Ton geben aber Vereinfacher wie der Kölner Verfassungsschützer Armin Pfahl-Traughber an. Schon dessen Dissertation über antisemitische Verschwörungstheorien kompilierte fast nur Zitate aus dem DDR-Parteienlexikon von 1984. In der Tribüne (H. 158/01) widmet er sich nun dem Thema „Aufklärung und Antisemitismus“ auf ähnlich niedrigem Niveau: Obwohl es keinen aufklärerischen Antisemitismus gegeben habe, sei etwa Kant bezüglich der Juden in „Vorurteilen befangen“ gewesen. Der Gedankenpolizist dürfte uns als nächstes enthüllen, daß Königin Luise nichts zur Förderung des Frauenstudiums tat.


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