© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/01 26. Oktober 2001

 
Bündnisstrategie
von Claudia Hansen

Noch vor zwei Jahren war Europas politische Landkarte tiefrot gefärbt. Bis auf Spanien war die gesamte EU dominiert von sozialistischen Parteien. Seitdem ist für die Linke einiges schiefgelaufen. In Österreich beendete Wolfgang Schüssel die ewige Herrschaft der SPÖ. Obwohl seine Bürgerlichen bei der Nationalratswahl ein miserables Ergebnis erhalten hatte, riß Schüssel durch einen Pakt mit Haider das Ruder herum. Die Linke reagierte wütend, das Bündnis sei ein Sündenfall.

Beim nächsten „Sündenfall“, diesmal in Italien, fielen die Reaktionen schon deutlich milder aus. Auch Berlusconi kam nicht durch Stimmengewinne an die Macht, sondern durch eine geschickte Bündnispolitik. Er erkannte, daß seine Forza Italia gegen das breite linke Bündnis nur in enger Absprache mit rechten Hilfstruppen siegen könnte. In Belgien dagegen verweigerten sich die Bürgerlichen unter dem Druck der political correctness dieser Einsicht, der erstarkte Vlaams Blok wird sorgfältig isoliert. Ganz anders in Norwegen: Auch hier haben die Bürgerlichen bei den jüngsten Wahlen nur wenig dazugewonnen. Doch Christdemokrat Bondevik springt über seinen Schatten und läßt sich auf eine Kooperation mit der rechtsgerichteten Fortschrittspartei Carl Hagens ein. All diese Beispiele zeigen ein klares Muster: Ohne einen Partner von rechts befinden sich Europas bürgerliche Parteien in einer strukturellen Minderheit. In Deutschland hat in Hamburg nun ausgerechnet ein Exponent der liberalen Fraktion der CDU die Konsequenzen gezogen. Beginnt im Adenauer-Haus langsam ein Umdenken?


 
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