© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/01 26. Oktober 2001

 
WIRTSCHAFT
Mit Staatsschulden Mut machen
Bernd-Thomas Ramb

Die zum wiederholten Male nach unten korrigierten Wirtschaftsprognosen - Bundesfinanzminister Hans Eichel spricht nur noch von einem Wachstum von 0,75 Prozent in diesem und 1,5 Prozent im nächsten Jahr - suchen ihre Ursache. Kein vernünftiger Mensch kann sie allein in den Terroranschlägen sehen, wenngleich die Angst vor weiteren Aktionen weltweit zu spüren ist. Dennoch nimmt die Neigung zu, die Wahnsinnstaten in den USA zum allgemeinen Sündenbock für die globale Konjunkturflaute zu erklären, vor allem deshalb, weil in der Bevölkerung die Bereitschaft wächst, dieser These Glauben zu schenken. Wissenschaftliche Berater setzen eins drauf und empfehlen, in diesen besonderen Zeiten auf das Notmittel der Staatsschuldenpolitik zurückzugreifen. Doch Angst war noch nie ein guter Berater.

Schulden entstehen bei zurückgehenden Wirtschaftsaktivitäten, aus denen sich die Steuereinnahmen bemessen, und unverminderten Staatsausgaben zwangsläufig. Die Methode des deficit spending geht jedoch von zusätzlichen Staatsausgaben aus, die den Konjunkturverlauf nach oben wenden sollen, ohne daß sie zunächst von zusätzlichen Steuereinnahmen gedeckt wären. Als ob neue Schulden Mut erwecken könnten. Der alternative Vorschlag, die Steuerreform mit den niedrigeren Steuersätzen vorzuziehen, ist sinnvoller. Aber auch dann steigt die Neuverschuldung des Staates, wie gleichzeitig der Ruf des Sparministers Eichel sinkt. Beispielhaft mutig wäre es dagegen, sowohl die Steuern als auch die Staatsausgaben zu senken. In Zeiten der Not den Gürtel enger zu schnallen, mag ein altmodisches Mittel sein; bewährt ist es allemal. An Streichungen, insbesondere bei den Sozialleistungen, wagt sich jedoch keiner. Was familiär eine Selbstverständlichkeit ist, bleibt sozialpolitisch unkorrekt.


 
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