© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    44/01 26. Oktober 2001

 
Leserbriefe

Zu: „Werden wir endlich selbständig!“ von Dieter Stein, JF 42/01

Hochachtung vor Zivilcourage

Typisch für den von Stein erwähnten mangelnden Patriotismus der Deutschen und für die kritiklose Hinnahme, ja der begeisterten Zustimmung von allem, was aus den USA zu uns kommt, ist ein Vorfall, über den das Fernsehen des WDR 3 in der Sendung Lokalzeit kompakt am Mittwoch, dem 10. Oktober von 9.40 Uhr bis 11 Uhr berichtete.

Hier der Vorfall: Einem türkischen Mitarbeiter eines größeren Kfz-Betriebes in Lüdenscheid, der seit zehn Jahren fleißig und ohne Beanstandungen dort gearbeitet hatte, wurde vom Betriebsleiter mit Zustimmung des Betriebsratsvorsitzenden fristlos gekündigt, weil er an einer Gedenkfeierlichkeit der Betriebsangehörigen für die Opfer der Anschläge vom 11.09.01 auf das WTC und das Pentagon nicht teilnehmen wollte. Der Türke begründete sein Verhalten damit, daß in der Vergangenheit in vielen armen Ländern der Erde, so auch zum Beispiel im Kosovo, durch Gewalt und Hunger Tausende von Menschen umgekommen seien, ohne daß die USA auch nur einen Finger gekrümmt hätten, und er sähe nicht ein, daß er jetzt, wo es die USA als reiches Land selbst getroffen habe, an einer Gedenkfeierlichkeit teilnehmen müsse. Weil der türkische Mitarbeiter gegen die fristlose Kündigung gegklagt hatte, soll der Fall vor dem Arbeitsgericht verhandelt werden.

Die Namen des Betriebes und des türkischen Mitarbeiters wurden in der Sendung genannt, aber leider habe ich mir sie nicht notiert Im übrigen habe ich große Hochachtung vor der Zivilcourage dieses Mannes. Außerdem bedauere ich, daß keiner der deutschen Kollegen sich mit ihm solidarisiert hat.

Fritz Hübner, Per e-mail

 

 

Zu: „Freiheit für die einen ist Sklaverei für die anderen“; Interview mit Suzanna Arundhati Roy, JF 42/01

Neuer Haß wird geboren

Vielen Dank für das Interview mit Frau Roy. Es gilt heute den Trugbildern derjenigen zu wehren, die glauben, mit Rache und Vergeltung wäre dieser Sachlage Herr zu werden. Das Gegenteil ist der Fall. Haß gebärt immer wieder Haß. Aber werden die betreffenden Verantwortlichen nunmehr die richtigen Konsequenzen ziehen? 

Klaus Getzin, Sankt Augustin

 

Geopolitische Sprungschanze

Die USA haben keine diplomatischen Erfahrungen, wie die europäischen Nationen, sie ist als Weltführungsmacht nicht geeignet. Was wird am Ende aus Afghanistan, wo vermutet wird, daß den USA das Land als geopolitische Sprungschanze für neue Abenteuer dienen soll?

Wilhelm Lehbrink, Vogt

 

Gemeingefährliche Aussagen

Das Interview mit der indischen USA-Kritikerin halte ich für völligen Unfug. Radikale Islamisten sind sicherlich dankbar für diese Veröffentlichung. Ich bin ziemlich besorgt darüber, daß in Deutschland der Haß auf die USA anwächst, wo wir doch dieser Nation unsere Freiheit zu verdanken haben. Osama bin Laden und Bush als „Zwillinge“ zu bezeichnen, ist gemeingefährlich. Eine solche verunglimpfende Behauptung sollte erst gar nicht gedruckt werden.

Die JUNGE FREIHEIT sollte sich jetzt nicht der antiamerikanischen Hetze anschließen, sondern vielmehr sich auf nationale Sicherheitsthemen in Deutschland konzentrieren. Wie können alle islamischen Institutionen und Wohnviertel darauf inspiziert werden, daß sich dort kein Al-Quaida-Wahn ausbreitet? Jeder Muslim, der Osamas Terror unterstützt oder gutheißt, sollte schleunigst ausgewiesen werden.

Ingo Breuer, Per e-Mail

 

Hauptstadt von Meghalaya

Frau Roys Geburtsort Shillong liegt nicht im dravidischen Südindien, sondern ist die Hauptstadt des Bundesstaates Meghalaya, der jenseits der Volksrepublik Bangladesh im Nordosten der Republik Indien liegt und nur über den Bundesstaat Assam und den westbengalischen Korridor Cooch Behar mit dem subkontinentalen Hauptteil der Indischen Union verbunden ist.

Dr. Werner Bockelmann, Hamburg

 

 

Zu: „Ein Krieg um die Vormacht“ von Michael Wiesberg, JF 42/01

Fragen über Fragen

Wieso muß sich die Bundeswehr, die nur zur eigenen Landesverteidigung da sein soll, in fremden Ländern und für die Interessen fremder Mächte einsetzen? Die Urheberschaft Bin Ladens an den Terrorangriffen vom 11. September ist mehr als fragwürdig. Wer hat die Logistik zur Verfügung, um vier Düsenjets zu kapern und mit ungeheurer Präzision in die Ziele zu lenken, wie es geschehen ist? Das kann man nicht auf kleinen Flugschulen und mit kleinen Schulflugzeugen lernen und vom Ausland - ausgerechnet von Deutschland? - aus organisieren. Der ägyptische Präsident Mubarak - er war selbst Pilot - hat dazu gesagt, daß hierfür jahrelange Ausbildung und Erfahrung notwendig sind, wenn man im Tiefflug das Pentagon anfliegt. Warum sind die vier Maschinen fast eine Stunde lang vom Kurs abgewichen, ja sogar in die Gegenrichtung geflogen, ohne daß die Fluglotsen Alarm geschlagen haben?

Fragen über Fragen, die sich jene mal stellen sollten, die heute in typisch deutscher Unterwürfigkeit gegenüber den USA, welche unter dem Zeichen der Globalisierung die Weltherrschaft anstreben, zu Kreuze kriechen. Wann zeigen wir Deutsche endlich mal Selbstbewußtsein und Nationalstolz, wenn nicht jetzt?

Ich betone: Ich mag die Amerikaner und ihre Lebensart ohne die hierzulande übliche Überregulierung aller Dinge, ihr Selbstbewurßtsein, ihren Nationalstolz. Ich war oft drüben und habe in deutschen Niederlassungen amerikanischer Firmen gearbeitet. Aber was ich nicht mag, ist die Art, wie die „Ostküste“ (O-Ton Helmut Kohl) mit uns umgeht.

Ferdinand Neitzert, Heidgraben

 

Marschbefehl in Kürze

Kanzler Schröder möchte die Bundeswehr schon bald aufs Schlachtfeld schicken. Auch die „christliche“ Union und die Mehrheit der Bundesbürger (65 Prozent laut ZDF-Umfrage) wünscht die deutsche Kriegsteilnahme im Dienste der USA.

Wer jetzt an Leid und Elend unschuldiger afghanischer Zivilisten erinnert, wird von der Springer-Presse und anderen Scharfmachern als geistig verwirrt und moralisch verkommen diffamiert. Uneingeschränkte Unterstützung für die USA, bedingungsloses JA zum Krieg - das ist heute die einzig erlaubte Parole. Nur noch 30 Prozent der Bundesbürger zeigen Gewissen und nationale Verantwortung. Sie wollen keine Handlanger und Mitläufer der Amis sein und lehnen den drohenden Kriegseinsatz ab.

Mein Frage an die Kriegsbefürworter - insbesondere bei SPD und Grünen: Würden Sie selber am Hindukusch verrecken wollen? Würden Sie Ihre eigenen Kinder nach Kabul und Kandahar kommandieren? Wohl kaum. Denn sie wissen wahrscheinlich, daß man sie dort in Stücke hacken könnte, so wie manchen Sowjet-Soldaten in den achtziger Jahren?

Herbert Rauter, Karlsruhe

 

 

Zu: „Feigenblatt der Liberalen“ von Doris Neujahr, JF 42/01

Die Früchte genießen andere

Die „kompromißlosen Moralisten“ Bärbel Bohley und ihre Mitstreiter waren die Mauerbrecher. Ihr Erfolg hat sie überflüssig gemacht. Die Früchte ihrer Arbeit genießen jetzt andere; darunter auch solche, die sie - beiderseits der Mauer - bekämpft haben. Sie, die Moralisten, wollten Gerechtigkeit und bekamen halt den Rechtsstaat, in welchem nicht zählt, ob jemand recht hat, sondern ob er recht bekommt. 

Franz Wesner, Dortmund

 

Zu: „Sehnsucht nach der Sorge“ von Silke Lührmann, JF 42/01

Keine Bedenkenträger

Diese Beachtung haben Michel Houellebecq und Florian Illies sicherlich verdient und es ist wahrlich kein Zufall, beide in derselben Literaturkritik vereint zu finden, jedoch, - die Quintessenz dieses mittelschweren Verrisses scheint mir nicht treffend zu sein.

Weder jammern die beiden Provokateure der Sprache, noch sind sie die bösen Buben, welche der Spaßgesellschaft den Garaus machen wollen, sie möchten lediglich, im Gegenteil, eines nicht - sich den Ernst des Lebens verbieten lassen!

Dabei sind beide Autoren von ihrer Grundeinstellung konservativ, Ilies arbeitet bei der FAZ und Houellebecq ist einer der meistgehaßtesten Anti-68er, der sich von Beginn seines Erfolges, „Ausweitung der Kampfzone“, mit den allerunmöglichsten und absurdesten Vorwürfen überziehen lassen mußte, weil er Dinge einfach so beschreibt, wie sie gesagt werden müßten, wenn man geradeheraus und unverstellt sprechen dürfte.

Beide Schriftsteller werden sich nicht durch Bedenkenträger aller Schattierungen von ihrer Sichtweise abbringen lassen - dies wäre ein Verrat an ihren Grundpositionen. Die Literatur lebt von solchen Charakteren, sie stirbt ab, wird uninteressant, beliebig, fad, wenn sie nicht immer wieder derartige Typen hervorbringt. Empfehlen wir also Florian Illies, den jungen, nonchalant-pfiffigen Deutschen und Michel Houellebecq, den erwachsenen attackierend-melancholischen Franzosen, weiter. 

Tanja Krienen, Unna

 

 

Zu: „Vergangenes bleibt unverständlich“ von Tobias Schmieter, JF 41/01

Realität dieser Gesellschaft

Wer die Leserbriefe beziehungsweise Äußerungen der besagten Herren Professoren Lutz und Buchholz in der Greifswalder Presse verfolgen konnte, mußte einer Streitkultur ins Angesicht blicken wie sie nicht besser den verkrampften, selbstzerfleischenden, auf Internationalismus bedachten, heutigen Zeitgeist darstellen konnte. Von Wissenschaftlichkeit oder besser noch wissenschaftlicher Objektivität oder gar geschichtlichem Verständnis kann nicht einmal mehr im Ansatz die Rede sein. Wenn Herr Professor Lutz sein Geschichtsbild mit den Worten: „Arndt lebte vor Ausschwitz, wir nicht!“ auf den Punkt bringt und Arndts Ideologiebildungen nahtlos von den Nationalsozialisten aufgegriffen und weiterentwickelt sieht, erübrigt sich eigentlich jede weitere Diskussion.

Das Beispiel Ihres Artikels mit der Pflege des Bonner Arndt-Denkmals und die Intention dieser Professoren sind leider die Realität dieser Gesellschaft, wo die Denkmäler unserer Geschichte verrotten und die Traditionen durch eine Brille, geprägt von Engstirnigkeit und Umerziehung, betrachtet werden. Mit Arndt ist ihnen entgegenzuhalten und der Jugend zu lehren: „Nur wessen Herz auch noch jenseits der Vergangenheit steht, der wird der Gegenwart redlich helfen und mutig in die Zukunft hineinstreben“. Dieser Auszug entstammt seiner „Hoffnungsrede“ aus dem Jahre 1810, an deren Verlesung ihn seine vorwiegend frankophilen Kollegen auf einer akademischen Feier in Greifswald hinderten.

Lars-Ove Brandenburg, Magdeburg

 

 

Zu: „Das verfemte Bekenntnis zur Wiedervereinigung“ von Philip Plickert, JF 41/01

Willige Vasallen

Zuallererst waren es US-Politiker vom Schlage des Unterstaatssekretärs Sumner Welles, welche für die Teilung Deutschlands eintraten und diese schließlich durchsetzten. Fast alle deutschen Nachkriegspolitiker waren willige Vasallen, ob rot oder schwarz.

Auch der Wendehals Gysi war gegen die Wiedervereinigung. Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten ist schlecht für die Welt, insbesondere für die Juden. Bei seiner Begegnung mit dem frommen Mann aus Israel, Rabbiner Zwi Weinmann, appelierte er an die jüdischen Gemeinschaften in der Welt, die Unabhängigkeit der DDR durch finanzielle Hilfe zu gewährleisten. (Michael Wolffsohn: „Keine Angst vor Deutschland“, S. 211)

Wer erinnert sich noch, als Ex-Kanzler Kohl den Vorschlag des CDU-Abgeordneten Friedmann vom Jahre 1986, bei Verhandlungen mit Gorbatschow die Wiedervereinigung ins Gespräch zu bringen, als „blühenden Unsinn“ abspeiste, aber sich heute als Kanzler der Wiedervereinigung feiern läßt.

Auch der bayrische Ministerpräsident Streibl war für die Wiedervereinigung nicht zu erwärmen: „Ich halte nicht viel davon, wenn man jetzt auf einmal Wiedervereinigungsdebatten bringt, welche uns im Osten und Westen nur Schwierigkeiten bringen. Jeder soll in seinem Block bleiben, die DDR drüben, wir hier.“ (Der Spiegel 40/1989).

Es waren die Bürger der DDR, welche die Wiedervereinigung erkämpften, die Mauer stürmten und verdient hätten, daß der 9. November zum Nationalfeiertag ausgerufen wird.

Georg Wiesholler, Ottobrunn

 

 

Zu: „Schlag gegen Rot-Grün“ von Christian Vollradt, JF 40/01

Neuer Stern am Himmel

Hamburg hat gewählt. Es war ein Aufschrei der Anständigen - im wahrsten Sinne des Wortes. Die Zeichen, die davon ausgehen, lassen hoffen. Schill ist der neue Stern am Himmel der Bundesrepublik - zumindest erst in Norddeutschland.

J. F. Wilhelm Hörnecke, Eschborn/Taunus

 

Zu: „Masochistische Würdelosigkeit“ von Detlef Kühn, JF 39/01

Staatliche Urkunden

Bis 1875 oblag es in Deutschland den evangelischen und katholischen Pfarrern die Standesregister für ihre Parochien zu führen. Aus heutiger Sicht hatten die Pastoren so originär staatliche Aufgaben wahrgenommen; ihre Standesregister = „Kirchenbücher“ waren quasi staatliche Urkunden. Ab 1875/76 wurden die Geistlichen von dieser Standesregistrierung entlastet, denn mit dem Gesetz über die Personenstandsregister wurden zivile Standesämter aufgebaut. Das bedeutet: die Kirchenbücher waren, zumindest bis 1875, staatliche Urkunden und nicht bloß Belege über die Kasualien einer Pfarrgemeinde.

Es stellt sich also die Frage: Eigentümer der geretteten - vom Episkopat der BRD jetzt den Polen zugeschobenen - deutschen Kirchenbücher waren, wenn nicht der preußische oder deutsche Staat, so doch die jeweils enteignete und vertriebene ostdeutsche Kirchengemeinde. Eigentümer wurde nicht irgendein katholisches Bistum der BRD, sondern bestenfalls Treuhänder. Mit welchem Recht hatte sich also die Bischofskonferenz der BRD die genannten Urkunden angeeignet und diese dann den Polen, die mit den ehemaligen deutschen Pfarrgemeinden gar nichts gemein haben, zugeschoben?

Dr. Alfred W. Kumm, Bonn

 

 

Zur Ausgabe 42/01 allgemein

Einseitige Berichterstattung

Der Unterzeichnende fand zwei mal Gelegenheit, in einer Abendsendung der ARD die Hölle auf den Rheinwiesen zu schildern: Die US-Soldaten haben systematisch tausende deutscher Soldaten zu Tode gehungert. Diese und andere Schattenseiten blende ich bei der Wahrheitsfindung nicht aus, wenn ich bei der Bewertung aller mir zugänglichen Informationen der JUNGEN FREIHEIT eine massiv einseitige Berichterstattung zu Lasten der USA bescheinige.

Die Kieler Regierungschefin: Die erste Fremdsprache der Deutschen ist Jammern und Meckern. Recht hat sie. Dabei wäre eine ausgewogene Berichterstattung unter Einschluß der USA-Pannen hilfreich gewesen. Nur so kann sich der Leser ein eigenes Urteil bilden, nicht aber, wenn man durch eine einseitige Auswahl von Fakten dem Leser seine Denkweise vorschreiben will. Bush halte ich für einen besonnenen, tiefgläubigen und daher glaubwürdigen Christen.

Heinz Matthias, Arbeitskreis Christlicher Publizisten e.V., Niedenstein

 

 

Zur Meldung „Türkischstämmiger als FDP-Senatatorkandidat“, JF 42/01

Gutmenschentum

Man braucht kein Rechtsextremer zu sein, um vorherzusehen, welches Verhängnis solchen Leuten, wie dem im Artikel erwähnten Mehmed Daimagüler droht. Gibt es Ärger, will der deutsche Politphilister von allem wieder nichts gewußt haben. Das ist halt Gutmenschentum, die Fehler bei den anderen suchen, bloß nicht bei sich selbst.

Klaus-Peter Häußer, Neuried


 
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