© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/01 02. November 2001

 
Der Fall Ciprobay
von Bernd-Thomas Ramb

Es steht außer Zweifel, daß die USA in ihrem Bestreben, den Kampf gegen den internationalen Terrorismus weltweit aufzunehmen, volle Sympathie und den Rückhalt aller Länder verdienen, die sich dem Wertesystem von Freiheit, Eigentum und Recht auf körperliche Unversehrtheit und Streben nach Selbstverwirklichung verbunden fühlen. Zu diesem Wertesystem zählt unbestritten auch das Recht, die Mittel, die zur Verteidigung dieser Werte und zur Ergreifung und Bestrafung der terroristischen Täter eingesetzt werden, einer kritischen Effizienzprüfung zu unterziehen. Ob die Vergiftungsanschläge mit Milzbranderregern auf internationalen Terrorismus zurückzuführen sind, sei hier unerheblich.

Aber selbst wenn sie eine rein inneramerikanische Angelegenheit darstellen, sollte das Interesse der freien Welt an einer Ergreifung und Bestrafung dieser Täter genauso stark sein. Bis dahin gilt es die Gefahr der Vergiftung zu mindern. Das Antibiotikum „Cibrobay“ der Firma Bayer leistet dafür die derzeit beste Prophylaxe. Wenn nun aber die US-Regierung aufgrund ihres hohen Bedarfs versucht, den Kaufpreis in erpresserischer Weise festzulegen und andernfalls mit Entzug des Patentschutzes droht, sind unzulässig Grenzen überschritten. Die Verteidigung der Freiheit rechtfertigt nicht die Preisgabe der Freiheit. Auf eine Notsituation bei extremen Medikamentenmangel können sich die USA ohne Schamröte nicht berufen. Als sie jüngst um Patentlockerungen gebeten wurden, um die Preise von Mitteln zur AIDS-Bekämpfung zu senken, pochten gerade sie auf international gültige Patentrechte.


 
Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen