© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    45/01 02. November 2001

 
Meldungen

Chevènement mit guten Umfragewerten

PARIS. Der französische Linksnationalist und Ex-Minister Jean-Pierre Chevènement, Gründer der „Bürgerbewegung“ (MDC) und zurückgetretener Innenminister der Regierung des Premiers Lionel Jospin (PS), etabliert sich im Hinblick auf die Präsidentenwahl im kommenden Frühjahr zunehmend in der Rolle des „dritten Mannes“. Laut einer am Donnerstag vom Magazin Le Point veröffentlichten Umfrage wollen zwölf Prozent der Franzosen ihre Stimme dem Ex-Sozialisten und EU-Skeptiker geben. Chevènement ist damit gemeinsam mit dem amtierenden Präsidenten Jacques Chirac (RPR) und Premier Jospin (PS) der einzige Politiker, der in den Wählerabsichten die Zehn-Prozent-Schwelle übersteigt. Dahinter folgen der Grünen-Kandidat Noel Mamere und Rechtsaußen Jean-Marie Le Pen (FN) mit je sechs Prozent. Der 62-jährige Chevènement hatte im Vorjahr die Regierung verlassen, um gegen Jospins Autonomiepolitik für Korsika zu protestieren. Gestärkt durch diese positiven Erfolgsaussichten, distanziert er sich zunehmend von seinem ehemaligen politischen Freund Jospin. Man müsse sich „vom gegenwärtigen System befreien“, meinte Chevènement in einem Radiointerview.

 

Polens EU-Beitritt wird problematisch

STRASSBURG. Immer mehr EU-Parlamentarier sprechen jetzt offen von einem Erweiterungsszenario ohne Polen. SPÖ-Delegationsleiter Hannes Swoboda bestätigte: „Jetzt wird erstmal über eine Erweiterungsrunde ohne Polen diskutiert.“ Der belgische Premier Guy Verhofstadt fand bei seinem Treffen mit dem neuen polnischen Amtskollegen Leszek Miller in Warschau deutliche Worte: Er sprach von „großen Herausforderungen“, die auf Polen zukämen; zusammen mit Verhofstadts Anmerkung bei dem EU-Gipfel in Gent, es gäbe schon eine „Liste von Beitrittsländern“, dürfte in Polen die ernste Lage klar sein.

 

Türkei fürchtet einen kurdischen Staat

ISTANBUL. Der Nato-Staat Türkei ist durch die Angriffe in Afghanistan augfrund seiner strategisch wichtigen Lage aufgewertet. Allerdings tüftelete Premierminister Bülent Ecevit tagelang an einem Brief für US-Präsident Bush, und auch Außenminister Ismail Cem kam nicht so recht auf Touren. Grund für die paralysierte türkische Politik ist die Angst vor der Beseitigung des Regimes im Irak. In dem dann entstehenden Machtvakuum hätten die im Nordirak lebenden Kurden die Chance, einen eigenen Staat zu proklamieren, mit weitreichenden Folgen für ihre Volksgenossen in den angrenzenden Ländern. Vorsorglich läßt die Türkei daher Truppen an ihrer irakischen Grenze auffahren, um unter Umständen die kurdische Staatsgründung durch den Einmarsch zu verhindern.

 

Versehentlicher Treffer hat Konsequenzen

KIEW. Der ukrainische Verteidigungsminister Oleksandr Kusmuk ist wegen des irrtümlichen Abschusses einer russischen Passagiermaschine bei Manövern der ukrainischen Streitkräfte zurückgetreten. Staatspräsident Leonid Kutschma teilte mit, er habe das Rücktrittsgesuch des Ministers angenommen und weitere ranghohe Militärs vom Dienst suspendiert. Die Tupolew TU-154 der Sibir Airlines war am 4. Oktober auf dem Flug von Israel nach Nowosibirsk über dem Schwarzen Meer abgestürzt und hatte alle 78 Insassen in den Tod gerissen. Kurze Zeit später war neben der Möglichkeit eines Terroranschlags auch die Theorie aufgetaucht, wonach die Maschine von einer Rakete getroffen worden sein könnte. Am Tag des Absturzes hatten die ukrainischen Streitkräfte auf der Krim Manöver abgehalten. Die ukrainische Regierung hatte zunächst bestritten, daß eine verirrte Rakete die Katastrophe verursacht haben könnte.


 
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