© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    46/01 09. November 2001

 
WIRTSCHAFT
SPD, Niedriglohn und Steuern
Bernd-Thomas Ramb

Die Bundesregierung, allen voran Arbeitsminister Riester, hatten im Anschluß an die ablehnende Haltung der SPD-Bundestagsfraktion das Thema bereits als nicht mehr diskussionsbedürftig abgeblockt, als die Grünen vor einigen Wochen den Vorschlag unterbreiteten, die Steuer- und Sozialabgaben bei Niedriglöhnen deutlich zu reduzieren. Beschäftigungswunder seien dadurch nicht zu erwarten, wird vorgeurteilt. Ganz anderer Ansicht ist NRW-Arbeitsminister Schartau, ebenfalls SPD. Er setzt sich nicht nur für die Reduktion der Sozialabgaben bei Empfängern niedriger Einkommen ein, sondern fordert zudem eine Reduktion des Mehrwertsteuersatzes, um „gute Jobs statt Schwarzarbeit“ zu schaffen.

Schartaus Vorschläge hätten von Ludwig Erhard stammen können. Nur ist die SPD offensichtlich die falsche Partei mit verschlossenen Ohren für richtige arbeitsmarktpolitische Maßnahmen. Die Ursachen der - mehrheitlich im Einzelfall geringfügigen - Schwarzarbeit sind nun einmal die relativ hohen Lohnabgaben, aber auch der Anreiz, die Mehrwertsteuer „einzusparen“. Da also müssen die Ansätze erfolgen. Was spricht beispielsweise gegen eine Halbierung der Mehrwertsteuer im Bereich Bau und Handwerk? Die fehlenden Steuereinnahmen, wird der Bundesfinanzminister antworten. Andererseits steigt die Steuerbasis, da die Bereitschaft zur Offenlegung der Arbeitsvolumen wächst. Was spricht gegen eine Lohnsteuer- und Abgabensenkung in diesem Bereich? Wahrscheinlich am meisten noch die Eitelkeit der SPD-Führung, die sich standhaft weigert, den Unsinn der „Reform“ des 630-Mark-Gesetzes einzusehen. Minister Riester übersieht, daß er auch ein Bundesarbeitslosenminister ist. Sein nordrhein-westfälischer Partei- und Ressortkollege Schartau besitzt da den größeren Intellekt.


 
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