© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/01 30. November 2001

 
Knistern im Gebälk
Hamburg: In der Schill-Partei treten erste Unstimmigkeiten auf
Peter Freitag

Weil er 1987 für kurze Zeit Mitglied der Deutschen Volksunion (DVU) war, erklärte Torsten Uhrhammer, bisher Fraktionsvorsitzender der Schill-Partei in der Altonaer Bezirksversammlung, vergangene Woche seinen Austritt aus der Partei und legte sein Mandat nieder. Der 29jährige Jura-Student zog damit die Konsequenzen aus seiner „politischen Jugendsünde“, um Schaden von der Partei abzuwenden. „Die ganze Sache ist dämlich gelaufen“, so Uhrhammer gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Alle, mit denen er bisher zusammengearbeitet habe - auch aus dem Lager des politischen Gegners - wüßten, daß er kein Rechtsextremist sei. Nachdem Uhrhammer selbst in Interviews immer wieder den Kurs der Schill-Partei, keine ehemaligen Mitglieder rechter Parteien aufzunehmen, verteidigt hatte, gab die DVU Uhrhammers lang zurückliegende Mitgliedschaft bekannt.

Die mit Uhrhammers Austritt zunächst verwaiste Zuständigkeit für die Ausdehnung der Schill-Partei nach Sachsen-Anhalt, übernahm nun Ulrich Marseille. Der Hamburger ist stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der von ihm gegründeten Marseille-Klinik AG, die in Sachsen-Anhalt zehn Pflegeeinrichtungen betreibt. Noch 1999 hatte er im brandenburgischen Wahlkampf die CDU mit einer Spende von 165.000 Mark unterstützt.

Derweil etablierte sich in Hamburg ein Kreis von etwa 20 Parteimitgliedern, die unzufrieden mit einigen Zuständen in der Schill-Partei sind. Als Sprecher der selbsternannten Reformer tritt der Barmbeker Ortsvorsitzende Marcel Hartung auf. Kernpunkte seiner Kritik sind eine mangelnde Einbindung der Parteibasis in Entscheidungsprozesse, die Vernachlässigung sozialer Themen sowie Ämterhäufungen an der Spitze. Konkret wird bemängelt, daß der Koalitionsvertrag nur von der Bürgerschaftsfraktion - und nicht wie bei CDU und FDP - durch einen Parteitag beschlossen wurde. In der Schill-Partei dürfe sich kein „Führerprinzip“ etablieren, so die Kritiker. Dabei verschweigen sie, daß in anderen Parteien nur gewählte Delegierte auf Parteitagen abstimmen dürfen, in der Partei Rechtsstaatlicher Offensive bisher jedoch jedes Mitglied eine Stimme hatte. Diese Ausnahme kann nach einer Erweiterung der Partei ohnehin nicht aufrechterhalten werden. Hartung kritisierte auch, daß Fraktionsmitglieder zugleich Mitarbeiter von Senatoren seien. Innensenator Ronald Schill nahm die Kritik von „bei der Postenvergabe zu kurz gekommenen Leuten“ gelassen hin.


 
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