© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    49/01 30. November 2001

 
UMWELT
In der Rezession freut sich die Natur
Volker Kempf

Von der German Angst und der deutschen Neigung zum Klagen und Jammern ist immer wieder die Rede. Jetzt, wo die Wirtschaft beziehungsweise das Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal um 0,1 Prozent geschrumpft ist, sollte man also auch einmal die positiven Seiten des Lebens sehen.

Je weniger die Wirtschaft wächst, beziehungsweise je mehr sie schrumpft, desto eher kann Jürgen Trittin seine Klimaschutzversprechen einlösen. Die Wirtschaftsschrumpfung dürfte nicht zuletzt auch auf die Einbrüche im zivilen Flugverkehr zurückgehen. Dann brauchen wir keine Flughafenerweiterungen in Frankfurt am Main oder in Düsseldorf. Etwas Besseres kann doch eigentlich gar nicht passieren. Dumm nur, daß einige wenige bis zum Herzinfarkt arbeiten, andere vom Arbeitslosengeld oder sogar von der Sozialhilfe leben. So ist die Welt in Arbeitsplatzbesitzer und Arbeitsplatznichtbesitzer geteilt. Das ist das Problem. Mehr Freizeit für die einen, mehr selbstverdientes Geld für die anderen, wäre sicher nicht die schlechteste Lösung für die Zukunft der Arbeit.

In den USA gab es sogar 0,4 Prozent Wirtschaftsschrumpfung. Da dort ohnehin am meisten Rohstoffe verpraßt werden, sollte man auch dies positiv sehen. Unfreiwillig wird George W. Bush so zum federführenden Klimaschützer. Frankreichs Wirtschaft hingegen wuchs im dritten Quartal satte 0,5 Prozent, gerechnet hatte man mit nur 0,3 Prozent.

Gut, die Franzosen haben noch etwas Anschlußbedarf, weshalb man ihnen ihren wirtschaftlichen Erfolg gönnen sollte. Also, laßt das Jammern und genießt wandernd die Natur. Wachstumsgläubige können sich ja ein Trimm-Dich-Rad für den Keller kaufen und sich dabei wohl fühlen, für die Freizeitindustrie zu strampeln.


 
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