© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/02 04. Januar 2002


Eine nationale Aufgabe
von Alexander Barti

Am 19. November tagte zum zehnten Mal die Internationale Experten-kommission „Historische Mitte Berlin“. Sie hat die Aufgabe, Empfehlungen für die Gestaltung des 1950 leergesprengten Schloßplatzes in der Berliner Mitte zu erarbeiten. Das vorläufige Ergebis ist ermutigend. Der Kommissionsvorsitzende, Hannes Swoboda (Wien), gab bekannt, daß man die weitgehende Rekonstruktion des Hohenzollernschlosses für wünschenswert halte. Sogar die Barockfassaden, auch in den Innenhöfen, sollen wiedererstehen. Und: Das ehemalige Staatsratsgebäude könnte bleiben, aber der sozialistische „Palast der Republik“ soll endgültig verschwinden!

Swoboda nannte die Aufgabe ein „pragmatisches Bekenntnis zur deutschen Geschichte“ und eine „nationale Aufgabe“, die keineswegs eine rein Berliner Angelegenheit sei. Außerdem werde durch die Nutzung - auch etliche Wohnungen sollen in der baulich verdichteten Mitte, zum Beispiel an der Schloßfreiheit, entstehen - Leben in das Zentrum der Stadt ziehen. Trotz aller Kompromisse, die man bei einem solchen Vorhaben akzeptieren muß, kann man der Kommission nur gratulieren. Sie ließ sich nicht von dem Vorwurf, ein Wiederaufbau sei „reaktionär“, „rückwärtsgewandt“ oder gar „eine Beleidigung für die Ostdeutschen“ einschüchtern. Auch in der Architektur gibt es eine ewige Formensprache, die sich dem Betrachter harmonisch und angenehm offenbart. Berlin leidet schon genug an moderner Architektur. Schön, daß dem Schloßplatz das Martyrium klirrender Glaspaläste in abartigen Proportionen erspart werden soll.


 
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