© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    02/02 04. Januar 2002

 
Erhard Busek
Balkan statt Kanzleramt
von Carl Gustaf Ströhm

Der nicht!“, hatte Bundeskanzler Schröder ausgerufen, als man ihm die Kandidatur des österreichischen Ex-Vizekanzlers Erhard Busek als Nachfolger für Bodo Hombach schmackhaft machen wollte, der nach knapp zweieinhalb Jahren als EU-Koordinator für den Balkan-Stabilitätspakt als Geschäftsführer zum Essener Medienkonzern WAZ wechselt.

Aber es kam anders: Per „Toilettendiplomatie“ (Süddeutsche Zeitung) nutzte EU-Außenpolitiker Chris Patten (letzter britischer Gouverneur von Hongkong) eine kurze Abwesenheit von Außenminister Fischer vom Verhandlungstisch, um das österreichische Kaninchen aus dem Zylinder zu zaubern. Als Fischer wieder Platz nahm, war das Rennen gegen Berlin gelaufen.

Die Abneigung Schröders gegen den 64jährigen ÖVP-Politiker hat ihre Gründe: Busek gehört zu einer Wiener Spezies, die man getrost als „anti-deutsch“ bezeichnen kann. Obwohl man ihn als Linkskatholiken einordnet, soll er auch der rot-grünen Berliner Regierung mit notorischer Besserwisserei auf die Nerven gegangen sein. Damit sowie mit der Neigung, politische Probleme durch Palast-Intrigen zu lösen, hat sich Busek auch in seiner Heimat Feinde gemacht. Vom Wiener Bundeskanzler Schüssel heißt es, er sei heilfroh, seinen Parteifreund auf dem Balkan „ruhiggestellt“ zu haben. Buseks Querschüsse gegen die ÖVP/FPÖ-Koalition waren so notorisch, daß die Haider-Leute seine Ablösung als Regierungsbevollmächtigten für die EU-Osterweiterung verlangten und am Schluß erklärten, Busek sei nur Bevollmächtigter der ÖVP und von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner. Bezeichnend ist, daß sein bisheriger Posten nicht mehr nachbesetzt wird.

Busek hat eine bewegte, zum Teil steile Karriere hinter sich: ÖVP-Generalsekretär zu Beginn der siebziger Jahre, anschließend ÖVP-Chef im „roten Wien“, wo es ihm trotz ausgefallener Ideen nicht gelang, die sozialistische Vormacht zu brechen. Daher zog es ihn wieder in die Bundespolitik, wo er beim Sturz des konservativen ÖVP-Chefs Alois Mock eifrig die Fäden zog. Einige Jahre war er Vizekanzler der SPÖ-beherrschten großen Koalition. Nach einer schweren ÖVP-Niederlage mußte er 1994 den Hut nehmen und die Parteiführung Wolfgang Schüssel überlassen. Dieser wurde, was Busek gern geworden wäre: Bundeskanzler - aber das ging nur in Kombination mit Jörg Haiders FPÖ.

Busek zog sich aus der aktiven Politik zurück und machte im vorpolitischen Bereich Mittel- und Osteuropa sowie den Balkan zu seinem Thema. Er gründete Institute, auf denen viel Gescheites dahergeredet wurde. Obwohl er keine einzige Ostsprache spricht, galt er bald als Experte. Konkretes hat er kaum bewegt. „He is a do-gooder“, sagte ein US-Diplomat über ihn. Ob Busek mit seinem Milliardenetat wirklich etwas zustande bringt und ob er sein Amt solide verwalten wird, muß sich erst erweisen. Doch: gut gemeint ist das Gegenteil von gut.


 
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