© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    03/02 11. Januar 2002


Ein Trumpf weniger
von Matthias Bäkermann

Das neue Jahr fängt für Bundeskanzler Gerhard Schröder gut an. Nicht nur die Wirtschaftsdaten sind im Keller, sondern auch die Arbeitslosenzahlen, an denen Schröder sich messen lassen wollte, sind im Jahr der Bundestagswahlen auf ähnlich schlechtem Niveau wie bei seinem Regierungsantritt.

Allerdings gibt es bei den Wahlen immer noch den Kanzlerbonus, der durch das Kabinett normalerweise verstärkt wird. Nachdem bereits sieben Minister seit der Regierungsübernahme verschlissen wurden, sind jedoch die noch Verbliebenen alles andere als Zugpferde im Wahlkampf, von Werner Müller über Ulla Schmidt bis zu Rudolf Scharping.

Nun wackelt auch noch Schröders bestes Pferd im Stall - Arbeitsminister Walter Riester, allseits respektierter Ressortleiter, der eigentlich gerade sein nach ihm benanntes Rentenreförmchen feiern könnte. Deutschland steht seinetwegen jetzt sogar ein Verfahren aus Brüssel bevor, da das Prinzip von öffentlichen Ausschreibungen von seinen hochbezahlten Mitarbeitern nicht verstanden worden ist, obwohl die Vergabepraxis nach Kungelart bereits dreimal im Vorfeld durch die EU-Generaldirektion abgemahnt wurde. Eventuell drohen zukünftig Rückzahlungen an die EU in dreistelliger Millionenhöhe, diesmal in Euro. Der Skandal weitet sich aus, und Riesters Krisenmanagement kommt viel zu spät. Wenn sich die Integrität der Person Walter Riester gegen die Kanzlerräson durchsetzt, keinen weiteren Minister mehr auszutauschen, dürfte der von der CDU geforderte achte Rücktritt die Aussichten Gerhard Schröders für das Wahljahr 2002 deutlich vermiesen.


 
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