© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/02 25. Januar 2002

 
Im Dienst am Vaterland
Ein Nachruf auf General Heinz Karst
Klaus Hornung

Am 13. Januar 2002 ist General a.D. Heinz Karst in seiner Wahl-heimat, auf der geschichtsträchtigen Insel Reichenau im Bodensee, zur Großen Armee abberufen worden. Geboren am 1. Dezember 1914 in Aachen, legte Karst 1934 das Abitur in Bielefeld ab und begann das Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie in Köln und Würzburg. Seit 1936 Soldat, wurde er 1939 Leutnant und Berufsoffizier. Dem Inferno des Krieges an vielen Fronten, von Polen bis Rußland, zuletzt als Kompaniechef eingesetzt und mehrfach verwundet, entkommt er lebend. Er setzt das Studium fort und wird Dozent für Literaturgeschichte an der deutschen Buchhändlerschule in Köln.

1952 erreicht ihn der Ruf in die „Dienststelle Blank“, die Vorläuferin des Bundesverteidigungsministeriums. Als Stellvertreter des Grafen Baudissin im Referat „Innere Führung“ ist Karst an der Entwicklung der Konzeption des „Staatsbürgers in Uniform“ führend beteiligt. Da er in der Ausbildung den Ernstfall, das „Kämpfen können“, betonte, blieben Konflikte mit Baudissin, Zeitgeist und Politikern nicht aus. Heinz Karst schied als „General des Erziehungs- und Bildungswesens im Heer“ auf eigenen Antrag aus dem aktiven Dienst aus, als der neue Verteidigungsminister Helmut Schmidt dem Zeitgeist in der Bundeswehr („Haarnetz-Erlaß“) allzu sehr die Zügel schießen ließ. Die Auszeichnung mit dem Großen Bundesverdienstkreuz für einen Brigadegeneral war eine Seltenheit.

Der „Ruhestand“ wurde kein Rückzug ins Private. General Karst, den sich nicht wenige als Generalinspekteur der Bundeswehr gewünscht hatten, wurde ein in Offizierskorps und Truppe hochgeachteter Vortragender und Ratgeber, auch für Inhaber hoher politischer und militärischer Ränge wie den damaligen Verteidigungsminister Manfred Wörner. Er engagierte sich 1979 im Studienzentrum Weikersheim zusammen mit Hans Filbinger und organisierte hier Tagungen für Offiziere der Bundeswehr. Auch in der Deutschland-Stiftung und im Bund Freiheit der Wissenschaft an der Universität Konstanz war er richtungsweisend tätig.

1964 hatte er in seinem Buch „Das Bild des Soldaten“ für den „Staatsbürger in Uniform“ die Forderung des „mitdenkenden Gehorsams“ herausgestellt, auf der Grundlage überdurchschnittlicher historisch-politischer Bildung. Aus vielen Gesprächen mit ihm weiß ich, daß er für die freiheitliche Demokratie und ihre Armee die geistigen Kräfte und Vorbilder der Geschichte für unerläßlich hielt. Sie müssen nach seiner Überzeugung scheitern in einer Gesellschaft sich selbst verwirklichender Egoisten, wo die Bürger leichter zum Mißbrauch ihrer Freiheit verleitet als an ihre Pflichten erinnert werden können.

General Karst war der Prototyp des gebildeten und gleichwohl beruflich überdurchschnittlichen Offiziers in der Tradition der preußisch-deutschen Militärgeschichte seit Scharnhorst. Er hat uns immer wieder aus seinem historischen, literarischen und philosophischen Fundus, von Schopenhauer bis Stefan George, reich beschenkt. Unser Dank und Respekt und unsere Anhänglichkeit reichen über den kalten Januartag, an dem wir uns von ihm verschieden mußten, weit hinaus. Dieser lebendige, unerschrockene und patriotische Geist wird in zahlreichen Herzen weiterleben.

 

Prof. Dr. Klaus Hornung ist Präsident des Studienzentrums Weikersheim.


 
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