© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    05/02 25. Januar 2002

 
Blick in die Medien
Altpapier
Ronald Gläser

Zeitschriften leben von der Auflagenhöhe. Je mehr Exemplare gedruckt werden, desto höher sind die Kosten für Anzeigen. Deswegen ist die ADAC-Motorwelt so erfolgreich. Ihre zweihundert Hochglanzseiten strotzen nur so vor Langeweile. Die Kleinanzeigen für Spielzeuge oder Muskelaufbaupräparate interessieren niemanden. Aber die Zeitschrift geht allen Mitgliedern des ADAC zu, auch wenn diese sie ungelesen in den Altpapiercontainer befördern. Gewerkschaften gelten nun nicht gerade als innovative oder flexible Institutionen. Aber der Mitgliederschwund zwingt sie - ganz kapitalistisch - zu gewinnorientierten Maßnahmen. So sind sie auf der Suche nach einem Weg, alten Wein in neuen Schläuchen zu verkaufen. Mehrere Gewerkschaften haben sich unlängst zum Megaverband Verdi zusammengeschlossen. Drei Millionen Mitglieder hat diese Arbeitnehmer-Organisation. Sie alle sind neuerdings -nolens volens - auch Leser des Magazins Publik. Publik ist nichts anderes als eine Mitgliederzeitschrift, die Symbiose der bislang selbständigen Publikationen eben. Ihre fantastische Auflage garantiert hohe Anzeigenpreise. Verdi bezeichnet Publik als „Bereicherung der Presselandschaft“ und als ein einzigartiges Projekt: Publik richte sich an ein ganz breitgefächertes Publikum - „von Müllmännern bis hin zu IT-Experten“, so der Chefredakteur wörtlich. Die Müllmänner hat er wohl nicht grundlos erwähnt. Denn sie sorgen ja schließlich für die Entsorgung des ungelesenen Altpapiers.


 
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