© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/02 08. Februar 2002

 
PRO&CONTRA
Ein Denkmal für Gustav Noske in Berlin errichten?
Antrag der FDP-Fraktion im Abgeordnet / Hermann Kreutzer

Es ist fraglich, ob Rosa Luxemburg - bei aller Würdigung ihres tragischen Schicksals - zur Schutzpatronin eines wahrhaft demokratischen Sozialismus taugt. Als Vorbild für die parlamentarische Demokratie, wie sie die deutsche Sozialdemokratie wollte, kann sie nicht dienen…

Mit der Errichtung eines Denkmals für Gustav Noske würde dagegen die Leistung eines Politikers gewürdigt werden, der sich bei der Gründung der ersten deutschen Republik historisch verdient gemacht hat. Gustav Noske, geboren am 9. Juli 1868 in Brandenburg an der Havel, Mitglied des Reichstages für die SPD von 1906 - 1920, tat sich während des Kieler Matrosenaufstandes vom 4. November 1918 hervor, indem durch seine Vermittlung eine Eskalation der Gewalttätigkeiten verhindert wurde. Als Reichswehrminister schlug Noske im Auftrag des Vorsitzenden des Rates der Volksbeauftragten und des Reichskanzlers Friedrich Ebert den kommunistischen Januaraufstand von 1919 militärisch nieder und ermöglichte so die freien Wahlen zur Verfassungsgebenden Nationalversammlung. Die ganze Regierung Ebert bekannte sich dabei zu dem Grundsatz: „Gewalt kann nur mit Gewalt bekämpft werden.“…

Gustav Noske ist mit keiner einzigen namentlichen Ehrung in der Hauptstadt vertreten, die seine Verdienste würdigt. Ein Gustav-Noske-Denkmal ist an einem geeigneten Platz im Zentrum von Berlin zu errichten. Möglich wäre die Kreuzberger Lindenstraße 3, in der das Verlagsgebäude des sozialdemokratischen „Vorwärts“ stand. Dies ist das Gebäude, das Noske zur Verteidigung der Pressefreiheit gegen die bewaffneten kommunistischen Revolutionäre verteidigen ließ. Eine weitere Möglichkeit wäre ein Denkmal vor dem Bundesverteidigungsministerium in der Stauffenbergstraße, in dem Noske später als Reichswehrminister rechte Marinebrigaden und Freikorps auflöste.

 

Antrag der FDP-Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin, ausgearbeitet von Wolfgang Mleczkoswski und Axel Hahn.

 

 

Die Notiz von Herrn Hahn von der FDP anstelle der Rosa Luxemburg, ein Gustav-Noske-Denkmal aufzurichten ist natürlich sicher nicht ernst gemeint, sondern es ist der Versuch klarzustellen, daß eine Rosa Luxemburg in Berlin nichts zu suchen hat.

Noske war ein großartiger Politiker, der zur rechten Zeit und an der richtigen Stelle viel geleistet hat, Mut besaß und ein großes Herz hatte, von dem sich die heutigen Politiker eine Scheibe abschneiden könnten. Andererseits war er keine so herausragende Persönlichkeit, als daß es rechtfertigen würde, ihm in Berlin ein Denkmal zu setzen. Man kann das am besten an einem Vergleich mit Noskes Parteifreund Friedrich Ebert festmachen. Ebert war eine nationale Gestalt, der für die Demokratie in Deutschland so wesentliches geleistet hat, wie kaum jemand anderes. Ich würde ihn vergleichen mit Ernst Reuter oder Konrad Adenauer -Gustav Noske war eine solche Persönlichkeit, die ein Denkmal in Berlin rechtfertigen würde.

Es ist zweifellos richtig, daß man ein Pendant gegenüber diesem unglückseligen Versuch der SPD-PDS-Koalition setzt, Rosa Luxemburg ein Denkmal zu setzen. Sie war eindeutig eine Frau, die der sozialistischen Ideologie verbunden war und diese über alles gestellt hat - vor allem über die Demokratie.

Sie war eher bereit, gegen alle vorzugehen, die nicht ihrer Meinung waren, und sagte 1918 gegenüber Arbeitern, die sich für Demokratie aussprachen: „Knie auf die Brust, Daumen aufs Auge“. Was Luxemburg forderte, war eine Rätediktatur.

In Berlin haben wir viele Denkmäler. Es ist schon eine bodenlose Schweinerei, daß die vor 1989 von der SED errichteten kommunistischen Denkmäler auch heute noch im östlichen Teil unserer Hauptstadt stehen. Diese sollte man zuerst wegräumen, bevor man noch weitere neue Denkmäler dazu stellt.

 

Hermann Kreutzer, Jahrgang 1924, Ministerialdirektor i.R., war 1946 Mitbegründer der SPD in Thüringen.


 
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