© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    07/02 08. Februar 2002

 
Szenenwechsel in Frankfurt
Claus-M. Wolfschlag

Eine Ära im Frankfurter Kunstbetrieb geht zu Ende. Zehn Jahre lang leitete Jean-Christophe Ammann verantwortlich das Museum für Moderne Kunst der Mainmetropole. Bevor er die Szene verlassen und den Direktorenposten an Udo Kittelmann übergeben mußte, konzipierte er noch die Ausstellung „Szenenwechsel XX“.

Fotografie beherrscht die Räume. Neben altmeisterlichen Schnappschüssen von Anja Niedringhaus mit Motiven des Balkankonflikts steht vor allem Jeff Wall mit seinen großformatigen Szenen amerikanischer Lebenswirklichkeit im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Im Bereich der Plastik wecken Holzskulpturen von Stephan Balkenhol sowie Tonminiaturen von Peter Fischli und David Weiss das Interesse durch ihre Verbindung von liebevoller Kunstfertigkeit urd ironischem Witz. Die junge Sandra Mann, fester Teil der Offenbacher Kunstszene, hat in einer Installation 2000 Langspielplatten zum Thema „Liebe“ in ein IKEA-Regal gepreßt. Die Liebe wird darin als der größte Katalysator weltweit verehrt.

Vor allem aber die Malerei läßt aufhorchen: Der 1964 geborene Anton Henning präsentiert eindrucksvolle Strand-Akte, die sich technisch gelungen an Bildwerke der alten Reform- und FKK-Bewegung anlehnen. Sein 2001 entstandener „Tanz“ - ein kreisförmiger Reigen vier nackter Badender - weist motivische Nähe zu frühen Fidus-Zeichnungen auf, „In den Dünen No. 2“ unterscheidet sich kaum von Freikörper-Szenerien der dreißiger Jahre.

Ähnlich souverän in der technischen Ausführung stellen sich Michael Drehens Aquarelle in Schwarzweiß-Tusche dar, sich unaufdringlich um ein Moment gesellschaftspolitischer Läuterung bemühend. So zeigt seine 2001 entstandene Zeichnung „Einen Ball konnt’ sie nicht fängen“ die tragische Seitenansicht eines armlosen malenden Mädchens und gibt dem dargestellten Moment dennoch Schönheit und Würde. Gabi Hamm stellt kleinformatige Gemälde mit menschlichen Porträts aus. Einen Zug des Geheimnisvollen tragen diese magisch anziehenden und sich im „Nebulösen“ auflösenden Ansichten. Ähnlich wie die Wasserfarbakte von Marlene Dumas, die einen Zug von Noldescher Expressivität aufweisen. Und Udo Koch zeigt großformatig gezeichnete Pflanzenmotive, die er ins Unendliche erweitert und „psychedelisch“ abstrahiert. Fazit: Die Schau zeigt, daß sich junge Gegenwartskünstler wieder verstärkt den ästhetischen Bedürfnissen der Mehrheitsbevölkerung annähern.

Die Ausstellung ist bis zum 3. März in der Domstraße 3 zu sehen. Täglich außer montags 10 bis 17 Uhr, Mi. bis 20 Uhr.


 
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