© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/02 15. Februar 2002

 
„Dieser Film hat mein Deutschland-Bild verändert“
Deutsches Kino: Verfemt in der Heimat, gefeiert in den USA - „So weit die Füße tragen“ stößt in Amerika auf erstaunliches Interesse
Moritz Schwarz

Während die Neuverfilmung des Bestsellerromans „So weit die Füße tragen“ in Deutschland von Teilen der Kritik politisch verfemt wird (JF berichtete mehrfach) und vom Publikum weitgehend unbeachtet bleibt, stößt der Film in den USA auf erstaunliches Interesse. So erreichte der Streifen, der die auf einer wahren Geschichte beruhende Flucht eines deutschen Soldaten aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft und seinen dreijährigen Fußmarsch quer durch die Sowjetunion bis nach Persien schildert, etwa beim „International Film Festival“ in Palm Springs unter 400 Filmen den sechsten, beim „Festival of German Cinema“ in Los Angeles den zweiten Platz in der Zuschauergunst. Beim renommierten kalifornischen Riverside-Festival war er gar der einzige ausverkaufte Film. In Los Angeles positionierte sich der Film übrigens direkt hinter „Der Tunnel“ und noch vor „Das Experiment“, die beide in Deutschland - anders als „So weit die Füße tragen“ - unter großer Beachtung und mit Erfolg gelaufen sind. Weitere amerikanische Festivals haben inzwischen Interesse an einer Aufführung angemeldet. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT beschreibt Corina Danckwerts, US-Repräsentantin der Export-Union des deutschen Films - die sich um die Präsentation des deutschen Films im Ausland kümmert - die durchweg positiven, zum Teil begeisterten Reaktionen des amerikanischen Festival-Publikums: „Wir haben viele Komplimente bekommen, so wohl was das Thema, als auch was die Machart des Filmes angeht. Die Reaktionen waren sehr emotional, trotz der Überlänge verließ niemend die Vorführung, statt dessen gab es Tränen und Kommentare, wie ‚Ich kann nicht glauben, daß dies ein deutscher Film ist‘.“ Politische Vorwürfe, wie sie dem Film in Deutschland in erheblichem Maße gemacht wurden, blieben völlig aus. Statt dessen gab es, so erklärt Frau Danckwerts, „ein großes Interesse an der Kriegsgefangenenlager-Thematik, die hier in den USA nicht sehr bekannt ist. Der Film war ein ‚Augenöffner‘ für die Amerikaner.“ Mit Erstaunen stellten US-Zuschauer fest, „die Deutschen haben im Krieg auch gelitten, sie waren nicht nur böse“ und resümierten: „Dieser Film hat meine Sicht auf das Deutschland des Zweiten Weltkrieges völlig verändert.“ Doch nicht nur die Zuschauer, auch die US-Fachpresse beurteilte den Film wohlwollend. Botschaft und Thema des Films wurden als, „sehr wichtig“ eingestuft und müssten - da „bislang noch nicht im Film erzählt“ - unbedingt „dem breiten US-Publikum vorgeführt werden“. Selbst das Goethe-Institut präsentierte „So weit die Füße tragen“ in der Hauptstadt Washington und bestätigte gegenüber der JUNGEN FREIHEIT: „Wir waren ausverkauft und der Film kam gut an.“ Nach diesen Erfolgen hoffen die Produzenten auf der Berlinale nun noch einen amerikanischen Verleiher zu finden.


 
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