© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    08/02 15. Februar 2002

 
Zeitschriftenkritik: Albion
Kraft der Romantik
Claus-M. Wolfschlag

Die kleine Zeitschrift Albion entwickelte sich vor etwa sechs Jahren aus der Idee, ein Kommunikationszentrum und Sprachrohr für die naturreligiöse Szene zu formen. Das DIN A4-Heft entsteht aus purem Idealismus. Begrenzte Finanzmittel verwehren den Weg zum bunt bebilderten Hochglanzmagazin und belassen Albion den Charme einer Copy-Zeitschrift mit gelegentlich eingestreuter Graphik.

Als naturreligiöses Blatt steckt auch Albion mitten im Szene-Streit zwischen „rechts“ und „links“, zwischen (als Extremausformungen) Ariosophen und NS-Nostalgikern auf der einen sowie Linksliberalen und „Antifas“ auf der anderen Seite. Albion versucht sich dem riskanten Seiltanz durch die öffentliche Distanzierung von „rechtslastigen, menschen- und kulturverachtenden und diskriminierenden“ Artikeln oder Autoren zu entziehen. Gleichfalls bekundet man allerdings, nicht dogmatisch zu sein. Und so findet sich auch ein erfrischend frecher „Political-Correctness-Test“ in dem Blatt und eine Annäherung an einen friedfertigen, ökologischen deutschen Nationsbegriff im zugehörigen Internet-Gästebuch. Auch überdeutlich „antifaschistisch“ motivierte Zensurbestrebungen innerhalb des naturreligiösen Spektrums werden zurückgewiesen und mit den Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten verglichen. Jeder Schritt zur Abschaffung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit sei ein Weg hin zu diktatorischen Bestrebungen: „Interessanter bei dieser ganzen Diskussion um den Rechtsradikalismus ist die Motivation derjenigen, die eine härtere Gangart fordern oder ein Schreckgespenst aufbauen, das jedweder Realität entbehrt. Im politischen System ist eine solche leicht auf die Unfähigkeit zurückzuführen, die wirklichen Zukunftsfragen und Nöte anzupacken und zu lösen, oder den Wunsch mangels Alternative, sich so zu profilieren.“

Das Themenspektrum des Blattes ist breitgefächert. Beispielsweise kann sich Hauptautor Stefan Giebel eingehend über den Naturalismus auslassen oder über die Naturphilosophie der Romantik. Unter Berufung auf Schelling, Schleiermacher und die Gebrüder Schlegel wird dabei die moderne „Aufklärung“ und der „Kult des Individuums“, das sich allenfalls im Rahmen eines „Interessenverbandes“ mit anderen Menschen verbinde, deutlicher Kritik unterzogen. Statt dessen werden die Kraft der polaren Liebe und der Wert einer organisch gewachsenen Gemeinschaft als Errungenschaften der Romantik gepriesen. Des weiteren bietet Albion homöopathische Kräuterrezepte und Kurzbiographien bedeutender Esoteriker oder dokumentiert Streitfragen zum lebenslangen Lernprozeß des Wicca. Eine kurzweilige Lektüre also, unter dem alten keltischen Namen Englands.

Albion. Monatsblätter für Naturphilosophie, Wicca & Kultur. Necron-Verlag, Kloster St. Georg 12, 34576 Homberg. Internet: www.serpentersegg.de 


 
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