© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de    09/02 22. Februar 2002

 
Neue Technologien: Klonen am Menschen
Wissenschaft im Wilden Westen
Angelika Willig

Nach dem Italiener Severino Antinori im letzten Herbst kündigt nun der griechische Wissenschaftler Panayotis Zavos den Menschen-Klon für Ende des Jahres an. Beide arbeiten in derselben Forschergruppe, auf die der weltweite Protest sich stürzt. Da das reproduktive Klonen in allen Ländern mit entsprechender Infrastruktur streng verboten ist, hatte Antinori schon daran gedacht, seine Forschung aufs Meer zu verlegen nach dem Vorbild der „Abtreibungsschiffe“ vor der irischen Küste.

Doch warum soll man eigentlich keine Menschen klonen? Weil es (noch) nicht klappen wird. Zavos ist ein gelernter Tierarzt und wissenschaftlich keineswegs Spitzenklasse. Er gibt sich ehrgeizigen Träumen hin, die wenig Hand und Fuß haben - wobei der Ausdruck wörtlich verstanden werden kann. An der Universität Texas hat man indessen einen eher unspektakulären Schritt nach vorn gemacht. Gerade ist dort die erste Hauskatze erfolgreich dupliziert worden. Schon gehen Anfragen von Katzenbesitzern aus aller Welt ein. Doch der Aufwand verschlingt immer noch Zehntausende. Dabei klingt das Verfahren einfach: Aus einer beliebigen Körperzelle wird der Zellkern mit der gesamten Erbinformation entnommen und in eine vom eigenen Kern befreite Keimzelle eingesetzt. Diese kommt wie bei einer normalen künstlichen Befruchtung in die Gebärmutter. Es ist wie eine Paarung mit sich selbst - ein sehr zeitgemäßes Verfahren. In der Praxis treten dabei eine Menge Pannen auf. Für die Copy-Cat, wie die Forscher sie tauften, sind 87 Embryonen in acht Katzenmütter verpflanzt worden, nur das eine Exemplar überlebte. Daß man das mit Menschen nicht machen kann, liegt auf der Hand. Wenn Zavos hier von „Problemen“ spricht, die sich „nicht vermeiden“ ließen, ist nicht nur sein Moralempfinden, sondern auch die Ekelgrenze verschoben. Auch nach dem Klonen scheinen sich gesundheitliche Risiken zu ergeben. Schaf Dolly wird in diesen Tagen fünf Jahre alt und leidet bereits unter Arthritis. Keine gute Reklame.

Der Protest gegen das reproduktive Klonen entsteht teilweise aus der Unausgereiftheit dieser Technik. Therapeutisches Klonen hingegen wird in mehreren Ländern eifrig praktiziert und perfektioniert. Es geht darum, erblich identisches Gewebe zu züchten, eventuell ganze Organe, um besser transplantieren zu können. Was die Technik betrifft, ist es freilich das gleiche. Nicht umsonst stellt sich ein Rudolf Jaenisch, hochanerkannter Klonexperte am MIT, an die Spitze der Entrüstung über Zavos-Antinori. Durch deren Unerfahrenheit drohen Ergebnisse, die dem Ansehen der Wissenschaft schaden und eine professionelle Weiterentwicklung verhindern könnten.

Wenn erst einmal voll funktionsfähige Herzen, Nieren und Gehirne mit Namensschildern versehen im Regal stehen, ist es zum Gesamtorganismus technisch und ethisch kein großer Sprung mehr. Zavos-Antinori mögen eitle Spinner sein. Harmlos sind sie deshalb nicht. Denken wir an die „tollkühnen Männer in ihren fliegenden Kisten“. Nach drei Metern stürzten ihre abenteuerlichen Konstruktionen zusammen. Nur waren das keine Lebewesen.


 
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